Martin Tietjen: Selbstrufmord – Geschichten, die man eigentlich nicht erzählen sollte

Wenn Prominente ihre Biografie schreiben, dann kann man immer wieder lesen, wie toll sie doch sind und was sie alles schon so geleistet haben. Bei Martin Tietjen ist das ein bisschen anders.
Martin Tietjen kennt man… unter Umständen nicht. Oft ist er Backstage-Moderator bei diversen RTL-Shows, die aber eher selten im „richtigen“ Fernsehen zu sehen sind. Angefangen hat er beim Offenen Kanal, später moderierte er ein halbes Jahr bei VIVA – bis dort sein Vertrag nicht verlängert worden ist. Weil, nun ja, es nicht besonders gut lief.

Damit disst man Martin Tietjen nicht. Das erzählt er selbst sehr freimütig. In „Selbstrufmord“ berichtet er von seiner ziemlich durchwachsenen Karriere. Von seinem Lebenstraum, für das Fernsehen zu arbeiten und davon, wie sein Lebenstraum drohte, zerstört zu werden. Davon, wie schwierig es war, sich von solchen Rückschlägen zu erholen. Von durchaus üblen Jobs, die er durchmachen musste, von seinem Volontariat beim NDR.
Aber auch das Private lässt er, halb Deutscher, halb Schwede, nicht aus. Tietjen berichtet über seine Kindheit, seine Familie – und darüber wie schwierig sein Outing war. Spätestens als es bei der von Freunden geschenkten Entjungferung bei einer Prostituierten nicht so wirklich klappte, wusste er, dass er schwul ist. Völlig vergurkte Dates, aber auch eine langjährige Beziehung mit ihren Höhen und Tiefen kommen zur Sprache.

„Selbstrufmord“ heißt das Buch. Auf unterhaltsame Weise berichtet Martin Tietjen darin tatsächlich, wie es ihm immer wieder gelungen ist, seinen eigenen Ruf in die Tonne zu treten. Bemerkenswert ehrlich und schonungslos geht es mit sich ins Gericht. Es ist nicht der schillernde Promi, der hier erzählt. Sondern hier berichtet ein Typ, der so ziemlich auf dem Boden der Tatsachen steht (nachdem er dorthin auch immer wieder zurückgeholt worden ist). Das ist sehr sympathisch. Und das macht vor allem Mut: Nämlich auch mal selbst was zu wagen, auch wenn man droht, damit auf die Schnauze zu fallen. Tietjen erzählt nämlich nicht nur vom Scheitern, sondern auch auch davon, immer weiter an sich zu arbeiten, immer weiter voran zu kommen. Beruflich und privat.

Martin Tietjen: Selbstrufmord – Geschichten, die man eigentlich nicht erzählen sollte
Fischer Taschenbuch
8/10


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