Gregor Gysi: Ein Leben ist zu wenig – Die Autobiographie

Man kann von Gregor Gysi und den Linken halten, was man will: Es ist immer wieder spannend, ihm zuzuhören, wenn er die Politik in Deutschland analysiert. Was er sagt, ist allermeistens sehr klug, fast schon weise. Nicht immer kann man ihm zustimmen, aber er hat die Gabe, Dinge interessant darstellen zu können und einen Diskussionsanstoß zu liefern.
Gerade ist Gregor Gysi 70 geworden. Vielleicht war diese Marke auch der Anlass, eine Bilanz zu ziehen, eine Autobiographie zu schreiben.
„Ein Leben ist zu wenig“ hat er sein Buch genannt – und in seinem Fall passt das wie die Faust auf’s Auge.
Auf sehr spannende Weise berichtet er, wie er zu dem wurde, was er ist.

Gregor Gysi erzählt von seiner Kindheit und seinen Eltern – er ist in eine Zeit geboren, in der Nazi-Deutschland Vergangenheit war, die Bundesrepublik und die DDR aber noch nicht gegründet waren.
Die DDR wurde dann aber seine Heimat. Da ginge er zur Schule, in die Uni. Er konnte sich erstaunlicherweise vor dem Dienst bei der NVA drücken, er wurde Anwalt.
Sehr spannend sind die Kapitel, in denen er über die Wendezeit berichtet – er Gysi quasi in die Rolle als Politiker geschlittert ist, wie es dazu kam, dass er am 4. November 1989, bei der großen Demo auf dem Berliner Alexanderplatz, ins Rampenlicht getreten war. Aber auch, was nach dem Mauerfall in der SED geschah, später in der PDS und bei den Linken.
Er stellt dar – und hat damit vermutlich recht -, dass nach der Wende bei der Wiedervereinigung viele Fehler gemacht worden seien. Gysi zeigt auf, dass es keine Vereinigung, sondern ein Beitritt war, und er sagt, wieso das hätte anders passieren müssen. Wieso ehemalige DDR-Bürger, aber auch Bürger aus dem Westen so ihre Schwierigkeiten mit der Annäherung hatten.

Sicherlich wird es Kritiker geben, die Gysi eine linke Schönfärberei vorwerfen werden. Aber als Leser hat man schon den Eindruck, dass er sehr ehrlich mit sich, der Partei und der Politik im Allgemeinen umgeht.
Gysis Leben ist eine mit wenigen Ausnahmen sehr kurzweilige Lektüre.

Gregor Gysi: Ein Leben ist zu wenig – Die Autobiographie
Aufbau, 583 Seiten
8/10


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