Gladbeck

DO 08.03.2018 | 20.15 Uhr | Das Erste

Wie die Fliegen um einen Scheißhaufen. So klebte Mitte August 1988 die Journalistenmeute an den Entführern und ihren Opfern. Immer wieder zog es sie zu ihnen hin, sie folgen ihnen überall hin und immer wieder streckten sie ihre Fühler aus. Bei Fliegen am Scheißhaufen finden wir das eklig. Bei den Journalisten und den Entführern… auch.

Im Ersten lief am Mittwoch- und Donnerstagabend der Zweiteiler über die Ereignisse in Gladbeck. Zwei Männer überfallen eine Bank, sie nehmen Geiseln und fliehen. Die Polizei greift nicht ein, so überfallen die Gangster einen Bus, nehmen noch mehr Geiseln. Immer dabei: Reporter mit Mikrofonen und Kameras.

Für die Älteren, die diese Geschichte kennen, bietet „Gladbeck“ an sich nichts Neues. Aber insbesondere der zweite Teil des Films schockiert dann doch: Wie mies die Entscheider bei der Polizei arbeiten. Wie die Chefs die Hose voll haben, die Verantwortung am liebsten von sich wegschieben, keine Entscheidung treffen, es laufen lassen – und hoffen, dass die Gangster bald in einem anderen Bundesland ankommen, wo sie nicht mehr zuständig sind. Ganz armselig.
Aber auch das Verhalten der Medienteams ist mehr als bemerkenswert. Hans Meiser kam damaligen RTL plus ruft mal fix in der Bank an, um mit den Räubern zu sprechen. Dutzende Reporter stehen um das Fluchtauto und quatschen Ewigkeiten mit den Entführern und den Opfern. Kleine Plauderstunde. Der „Tagesschau“-Reporter hält ganz selbstverständlich sein Mikro hin. Sabine Christiansen kündigt einen „Tagesthemen“-Beitrag an und sagt, man habe lange diskutiert, die Bilder zu zeigen, aber sie seien ein Dokument.
Oh Gott.

Dieser Film zeigt ein Komplettversagen. Die untätige Polizei und Reporter, die alle Jobregeln vergessen haben.
Die Polizei sagt, sie habe daraus gelernt.
Die Medienleute sagen, sie haben auch daraus gelernt.
Man kann das nur hoffen.


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