„Bitte schütze meine Kinder“

Besucher verewigen sich im Gästebuch der Kremmener Nikolaikirche – nun sind alle Seiten voll

MAZ Oranienburg, 8.3.2018

Kremmen.
Kommen Gäste, dann gibt es viele, die sich auch in irgendeiner Art und Weise verewigen wollen. Die Nikolaikirche in Kremmen steht jeden Tag offen. Im kleinen Foyer liegt seit einigen Jahren ein Gästebuch aus. „Wenn schönes Wetter ist, dann kommen auch Leute, und dann stehen jeden Tag Bemerkungen darin“, erzählt Gemeindesekretär Matthias Dill. Auch wenn es auf der Autobahn einen Stau gibt, dann sei das in Kremmen zu merken, wenn Touristen einfach mal abfahren und sich mit ihren Autos in die Stadt treiben lassen. An sich werde jedoch mehr darin gelesen als geschrieben. „Ich sehe Leute oft drin rumschmökern.“

Gut vier Jahre dauerte es, bis das erste Buch voll war. Die Einträge stammten von Gästen aus der Gegend, aus Berlin, Hamburg, Cochem, aber auch aus den Niederlanden. „Mist steht eigentlich nur selten drin“, sagt Matthias Dill und lächelt. „Ich glaube, ich habe mal eine Seite rausgerissen, da stand Schweinkram drauf.“ Hin und wieder schreibt er eine kleine Bemerkung dazu – zum Beispiel bei pubertären Sprüchen wie „Cedric ist gay!“
Viele schreiben ihre sehr persönlichen Gedanken rein. „Bitte schütze meine Kinder“, so notierte jemand ein Anliegen an Gott. Oder: „Ein Moment der Stille, danke sagen, dass ich lebe und Menschen um mich habe, die mir wichtig sind.“ Ein anderer Gästebucheintrag strahlt eine Wehmütigkeit aus: „Auf den Spuren meiner Kindheit. Leider ohne meine Eltern.“

Aber auch die Kirche selbst bekommt viel Lob. „Kirchen und Backsteinhäuser sind ein romantischer Traum“, schrieb jemand aus Regensburg. „Eine offene Kirche! Das gibt’s nur in Kremmen!“ Vier Wanderer aus Westfalen schreiben: „Schön ist es in der Kirche! Augen, Ohren und Herz sind zufrieden, danke!“ Jemand anderes erinnerte sich an ein wichtiges familiäres Ereignis: „In dieser schönen Kirche sind meine Großeltern am 10. Juli 1919 getraut worden. Ich vertraue darauf, dass der Frieden und die Liebe wachsen.“ Manches andere ist natürlich eher wenig tiefgründig. „Marten & Enrice waren hier nicht“, schrieb jemand, und daneben der Kommentar: „Seid ihr doof!“ Oder auch ganz schlicht: „Cooler Konfi-Unterricht!“ Manchmal sind es Krakel, die im Buch verewigt sind, aber oft geben sich die Besucher der Nikolaikirche große Mühe beim Eintragen ihrer Gedanken.

Inzwischen tragen sich die Gäste in das zweite Buch ein. Das vollgeschriebene will Matthias Dill aber wahrscheinlich auch wieder ausstellen. „Vielleicht dann irgendwo festgeschraubt zum Lesen“, sagt er.
Über einen Eintrag hat er sich besonders gefreut. Er lautet: „Kremmen ist doch viel mehr als Spargel, Scheunen und Motorräder!“ Matthias Dill nickt: „Stimmt.“


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