MO 01.01.2018 | 20.15 Uhr | ZDF
Herrlich, dieses Traumschiff! Scheinbar eine Handvoll Passagiere schippert da mit. Zumindest sind da nie wirklich viele Leute auf dem Dampfer zu sehen. Die vielen realen Mitreisenden sind selten zu sehen, die Decks wirken oft leer. Auch darf man immer mal wieder beim Kapitän auf der Brücke vorbeischauen. Der große Kutter scheint auch nur mit sechs oder sieben Besatzungsmitgliedern auszukommen. Und wenn man mal Mist baut, da ist der Kapitän höchstselbst auch zur Stelle und holt einen aus dem Schlamassel.
Willkommen in der Bonbonwelt auf hoher See im ZDF.
Am Neujahrsabend lief dort „Das Traumschiff“, und diesmal ging es nach Los Angeles. Kapitän Burger (Sascha Hehn) liest den ZDF-Zuschauern höchstpersönlich den Reisekatalog für L.A. vor und erzählt, warum man da unbedingt hin muss. Ein Ausflug ins Vergnügungszentrum ist auch noch eine 15-sekündige Sequenz wert – und ist hoffentlich von der Reisewirtschaft gut bezahlt worden.
Nun ist es ja nicht verwerflich, zweimal im Jahr Heile-Welt-Fernsehen zu produzieren. Aber muss es wirklich so mies gemacht sein? Müssen die Dialoge so grottig sein? Muss Harald Schmidt wirklich immer wieder beweisen, dass er kein Schauspieler ist und er miese Dialoge noch mieser aufsagt? Können Action-Szenen auch nur im Ansatz irgendwie real aussehen? Und ist es wirklich realistisch, dass Kapitän Burger wirklich immer ausgerechnet da ist, wo Not am Mann ist – und das auch außerhalb des Schiffes?
Als ein junger Mann mit seinem Bike auf einem Hang verunglückt, ist es natürlich Sascha Hehn, der ihn zufälligerweise rettet. Wobei, ein Zufall war das natürlich nicht: Denn der Kapitän konnte sich natürlich gleich denken, wo sich der vermisste Biker aufhalten würde – und sofort fand er ihn.
Die Reise nach Los Angeles war aber auch der Abschied von Chefstewardess Beatrice (Heide Keller). Sie war seit 1981 (!) an Bord, und mit 77 Jahren wollte sie, die Schauspielerin, noch aus eigenem Willen das Schiff verlassen, um die zweite Lebenshälfte zu beginnen. Ich hoffe, dass ich das mit 77 auch auch sagen kann.
Das Team wollte ihr einen besonders emotionalen Abschied bescheren – aber irgendwie ist das mit der Emotionalität gehörig schief gegangen. Stattdessen setzte man Beatrice an einen absolut einsamen Hafen ab (obwohl sie ja sagte, sie wolle die aktuelle Reise noch bis zum Schluss mitmachen, aber das haben die Drehbuchschreiber beim Umblättern wohl schon wieder vergessen). Ein Hollywood-Produzent will ihr erstes Buch (natürlich ein Bestseller) verfilmen, und deshalb musste sie sich entscheiden, ob sie weiter auf dem Schiff arbeiten will. Oh Gott, wie albern.
Sie winkte dem Schiff hinterher, dass schnellstes weiterfuhr – und weg war sie, die Beatrice. Selten so einen, ähm, emotionalen Abschied gesehen.
„Das Traumschiff“ ist nach 37 Jahren irgendwie ein Mythos. Umso schlimmer ist es, dass die Geschichten, die dort erzählt werden, mitunter so lieblos hingerotzt, die Dialoge furchtbar und viele Szenen mies choreografiert sind. Gut gemachtes Fernsehen ist das nicht – leider.
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