Bombenentschärfung #203: Der Moment danach

Die 203. Bombe. Oranienburg wirkte für gute sechs Stunden mal wieder wie ausgestorben. Die Straßen – alle leer. Niemand war unterwegs. Alle Läden geschlossen. Im Zentrum, am Louise-Henriette-Steg war eine Bombe gefunden worden. Für die Entschärfung galt ein 800-Meter-Sperrkreis.

Am Nachmittag. Der Oranienpark scheint ein Treffpunkt für viele Leute gewesen zu sein. Im Kaufland, vor dem Asia-Imbiss und im Sitzbereich des Fleischerei-Imbisses sitzen lauter Seniorengruppen. Die wenigsten essen was, oder sie haben schon vor Stunden was gegessen und harren nun immer noch aus. „Aber das Bier ist alle“, sagte die Frau hinter der Fleischerei-Theke.
Ich bin zum Mittagessen gekommen, leider gibt es keinen Sitzplatz mehr. Ich esse den (halben, weil kalten) Fleischklops im Stehen.

Dann die Nachricht: Die Entschärfung war erfolgreich. Der Sperrkreis werde demnächst aufgehoben. Ich laufe raus auf den Parkplatz, setze mich ins Auto und fahre los.
Direkt am Kreisel am Oranienpark in der Kremmener Straße endet der Sperrkreis. Davor bildet sich ein Stau. Alle warten, dass sie rein dürfen in die Stadt. Im Kreisel selbst fährt ein Schwerlaster immer im Kreis herum. Immer wieder einmal rum. Auch er wartet, aber stehenbleiben darf er nicht.
Ich suche mit ein halblegales Parkplätzchen am Straßenrand, und ich bin da nicht allein. Alle warten.

Dann: die Sirene. Das Signal zum Aufbruch. Einreihen in den Stau am Kreisverkehr. Nach und nach rollt der Verkehr in den nun aufgehobenen Sperrkreis. Die Fußgänger pilgern los und nehmen ihre Stadt wieder ein.
Die Sirene heult immer noch, als ich in die Havelstraße einbiege. Es ist ein irgendwie berührender Moment. Alle wirkt immer noch leer, nur die Autos, die schnell reinrollen, sind da. Aber langsam füllt sich die Gegend wieder.
Es ist alles noch mal gut gegangen, wir sind wieder sicher. Bis zu nächsten Bombe und bis zur nächsten Evakuierung.


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