Emily St. John Mandel: Das Licht der letzten Tage

Dieses Buch ist eine selten erlebte Berg- und Talbahn. Und am Ende kann man sagen, dass hier ein hochspannender und emotionaler Stoff leider völlig falsch verarbeitet worden ist und dringend hätte überarbeitet werden müssen.

Katastrophe am Theater: Während einer Aufführung von „König Lear“ stirbt ein Darsteller auf der Bühne. Das Ensemble ist aufgewühlt, und auch der junge Mann – Jeevan -, der Erste Hilfe leistet.
Aber Jeevan bekommt sehr bald ganz andere Probleme. Irgendeine Grippe ist dabei, sich auszubreiten. Rasant und unerbittlich. Eine Pandemie, die innerhalb von Tagen und Wochen fast die gesamte Menschheit auslöscht. Nur wenige bleiben verschont, und die leben plötzlich auf einer Erde, auf der die technischen Errungenschaften Vergangenheit sind.
Sie leben in Gemeinschaften, ziehen in Gruppen herum. Nichts ist, wie es mal war.

Für ihren Roman „Das Licht der letzten Tage“ hat sich die kanadische Autorin Emily St. John Mandel eine apokalyptische Geschichte ausgedacht.
Und die ersten Kapitel sind grandios. Die Atmosphäre im Theater ist toll beschrieben, emotional. Es ist die typische Szenerie bei Katastrophenstorys, bei der man weiß, dass das was kommt. Aber nicht, wo, wie und wann.
Aber dann hat sich die Autorin entschieden, vorzugreifen. Die Geschichte macht einen Sprung, 20 Jahre voraus, und wir begleiten eine fahrende Schauspielergruppe. Das passt zwar zum vorher toll beschrieben Theater-Ambiente, gibt der Story aber einen gewaltigen Knick. Es herrscht eine riesige Ernüchterung, weil die Story plötzlich seltsam unspannend ist – auch weil man als Leser völlig allein gelassen wird, was da nun eigentlich passiert war. Die Passage ist zudem extrem lang – und fast möchte man sogar aussteigen.
Erst in der zweiten Hälfte geht die Autorin in der zeit zurück – es gibt immer wieder Hin- und Zurück-Sprünge, aber immerhin erfährt man, was in der Pandemie-zeit geschehen ist.
Auch gibt es Logik-Lücken, weil offen gelassen wird, warum die Welt auch technisch so zurückfällt, warum es nicht gelingt, den Strom wieder zu erzeugen, warum es Verwüstungen gibt und alles wieder wie Steinzeit wirkt. Da gibt es leider große Erzähllücken, und es macht den Eindruck, als habe die Autorin das nicht recherchiert.
So ist eine große Geschichte leider dadurch verschenkt worden, dass sie im Buch alles andere als gut komponiert und zusammengestellt worden ist. Extrem schade.

Emily St. John Mandel: Das Licht der letzten Tage
Piper, 409 Seiten
5/10


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