Bombenanschlag auf die U-Bahn in St.Petersburg. Anschlag in Stockholm. Schlimme Sachen und Trauer um die Opfer. Nur in Berlin hat man gerade andere Dinge zu tun: Man diskutiert darüber, ob man nach jedem Terroranschlag das Brandenburger Tor mit der entsprechenden Länderflagge anstrahlen soll.
Es hat vor einigen Jahren als schöne und rührende Geste begonnen. Als zum Beispiel die Terroranschläge in Paris geschahen, da wurde das Berliner Wahrzeichen mit der französischen Flagge angestrahlt. Oder mit der belgischen nach den Ereignissen in Brüssel.
Doch das ganze ist zu einem angestrengten Ritual verkommen.
Genauso wie viele Leute lange Zeit dachten, man muss nach jedem Anschlag das Facebook-Profil ändern und mit einer entsprechenden Länderflagge versehen, meinen sie, man müsse dann auch das Tor anstrahlen. Und finden es empörend, wenn es nicht getan wird. Als ob es keine anderen Sorgen gäbe.
Nein, muss man nicht machen. Man kann auch ohne das alles trauern oder gedenken oder mitfühlen.
Wir leben leider in einer sehr unruhigen Zeit. Jeden Tag passieren irgendwo schlimme Dinge. Als der Giftgas-Anschlag in Syrien passierte, hat seltsamerweise kaum jemand danach gerufen, man möge doch bitte das Brandenburger Tor anstrahlen. Ist wohl zu weit weg. Oder zu unwichtig? Oder eben Syrien? Dafür war das Geschrei aber groß, als die russische Flagge nicht angestrahlt worden ist. Und natürlich wurde gleich eine Verschwörung gesehen und natürlich gegen angeblich unfähige Politiker in Berlin gehetzt, die ach so unmenschlich seien. Weil sie ein Licht nicht anknipsen.
Es heißt, es gebe neue Regeln für das Brandenburger Tor. Die Flaggensache wird nur noch gemacht, wenn eine Berliner Partnerstadt betroffen ist. Die Regelung ist immerhin eine Regelung, aber auch schwierig umzusetzen – weil bislang auch nicht immer Partnerstädte betroffen waren und trotzdem beleuchtet worden ist.
Auch wenn es hart klingt: Nicht nach jeder Terrortat muss das Tor angestrahlt werden. Wenn es danach ginge, müsste es jeden Tag in verschiedenen Flaggenfarben leuchten. Es müsste blinken, und es käme aus dem Blinken gar nicht mehr raus.
Ja, man sollte bei gewissen Ereignissen dieses Zeichen der Trauer nutzen. Aber man sollte sich überlegen, bei welchen Anlässen man das tut. Was 2015 in Paris geschah, war außergewöhnlich grauenvoll, es waren besonders schockierende Ereignisse. Da war es richtig.
Auch die Geschehnisse in London und St. Petersburg waren schlimm, aber es waren – ja, das klingt ignorant – nicht die ganz großen erschütternden Katastrophen.
Dass nach dem Anschlag in Berlin einige Leute nur darauf warteten, dass das Brandenburger Tor in den schwarz-rot-goldenen Farben angestrahlt wird, empfand ich beispielsweise eher als albern. Selbst als fast Betroffener, der sehr dicht an den Geschehnissen dran war. Um sich selbst öffentlich trauern wirkte irgendwie seltsam.
Wir sollten das Farbenspiel am Brandenburger Tor nicht zu einem Ritual machen, zu einem Programmpunkt, der abzuhaken ist, den wir zwingend erwarten, wenn irgendwo was passiert. Wir wollten uns dieses Zeichen des Mitgefühls aufheben für die ganz besonderen Momente.
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