Über Barbarossaplatz

DI 28.03.2017 | 22.45 Uhr | Das Erste

Zwei Frauen unterhalten sich. Therapeutin und Patientin. Das heißt, eigentlich flüstern sie. Sie nuscheln irgendwas vor sich hin. Im Hintergrund rauscht der Autoverkehr vor dem Fenster. Eine Wackelkamera folgt dem Dialog.
Ist das anspruchsvoll? Ist das Filmkunst? Oder ist es einfach nur mies?

Vermutlich scheint man sich innerhalb der ARD darüber gestritten zu haben, denn „Über Barbarossaplatz“ lief – obwohl es eine TV-Premiere war – am Dienstagabend im Spätprogramm. Gerade mal 780.000 Zuschauer waren dabei.
DWDL lobte vorher, dem WDR sei ein außergewöhnlich guter Film gelungen. Aber es musste ja irgendeinen Grund haben, warum so ein außergewöhnlich guter Film an einem ungewöhnlichen schlechten Sendeplatz läuft. So richtig genannt worden ist er nicht, vermutet ist aber, dass der Stoff „zu komplex“ sei. Was auch immer das heißt.

Nach der Ausstrahlung könnte man auch vermuten: Der Film ist nicht massentauglich. Eine Psychologin, die selbst am Ende ist. Harter Sex. Dazu das wacklige Genuschel. Das alles war vielleicht schlicht nicht gut genug für 20.15 Uhr. In ewigen Dialogen unterhielten sich in diesem Film Leute ganz leise, kaum zu verstehen. Der Ton war vermutlich gewollt schlecht, übertönt von Nebengeräuschen. Aber auf Filmfesten ist das scheinbar als Kunst gefeiert worden. Kann man machen. Oder auch nicht. Wie ja überhaupt immer öfter Kritiker und Zuschauer in ihren Urteilen sehr weit auseinander gehen.

Sicherlich, im Ersten laufen um 20.15 Uhr längst nicht nur gute Filme. Auch miese Schnulzen und handwerklich schlecht Gemachtes. Ganz sicher hätte auch „Über Barbarossaplatz“ zur Primetime laufen können. Die Entscheidung, ihn um 22.45 Uhr zu versenden, ist aber auch sehr verständlich.


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