Inside Nordkorea

MI 19.10.2016 | 22.45 Uhr | Das Erste

Nordkorea. Ein Land, in dem der eiserne Vorhang bis heute nicht zur Seite gezogen worden ist. Der Staat und seine Herrscher sind so streng, dass es kaum jemandem gelingt, von außen hinter die Kulissen schauen zu können.
Am Mittwochabend lief im Ersten die Doku „Inside Nordkorea“. Sie versprach einzigartige Blicke in diesen Staat. Sie lieferte sie aber nur bedingt.

Die Filmcrew durfte ein Jahr lang eine nordkoreanische Familie begleiten. Bei der Arbeit, im Alltag, beim Frühstück.
Aber: Die Zensoren sind immer dabei. Sie sollten dafür sorgen, dass die Crew den schönsten Staat der Welt vorgesetzt bekommt. Wo alle immer guter Laune sind, wo es viel zu essen gibt – alles tutti.
Ist es natürlich nicht. Allerdings haben die Filmemacher einen Trick angewandt: Sie ließen an vielen Stellen einfach weiterlaufen. Wenn die Zensoren der Familie und den anderen Protagonisten Anweisungen gibt. Wie sie auf Details achteten – und so natürlich den Irrsinn der Parteilinie aufzeigten.

Mehr aber leider auch nicht. „Inside Nordkorea“ handelt von einem Filmdreh und davon, wie die staatlichen Institutionen Einfluss nahmen. Das ist skurril, ja. Aber kann es ein Anspruch sein, nur zu zeigen, wie skurril Nordkorea ist? Ist das alles, was wir über das Land wissen sollen?
Wie ist denn wirklich das Lebensgefühl in dem Land? Wie denken die Leute abseits der offiziellen Parteiveranstaltungen? Was gibt es in den Läden? Letztere Frage wird im Film sogar aufgeworfen – mit der Antwort, dass man es nicht wisse.

Es ist ein wenig wie mit dem Umgang mit der DDR. In Erinnerungen lacht man gern über die DDR. Über das Skurrile. Über die starren Partei-Events. Darüber, was die Herrscher so machten und was nicht.
Gern wird darüber geurteilt, aber man lässt oft außer Acht, nachzufragen, wie sich Otto-Normal-DDR-Bürger eigentlich gefühlt hat. Was er dachte, abseits des Offiziellen.

So funktioniert auch die Doku, die am Mittwochabend im Ersten lief. Ein Film ohne wirklich Mehrwert. Dass Nordkorea von Inszenierungen lebt, wenn etwas nach außen dringt, das ist nicht wirklich neu. Und mehr hat dieser Film nicht rübergebracht, außer die Bestätigung dessen.
Es ist extrem schwierig, etwas über Nordkorea rauszufinden, den Alltag abzufilmen – fast unmöglich. Das zeigte diese Doku, die nicht wirklich „Inside“ war.

Nur kurz blitzte da was auf: Als die Zensoren einmal nicht dabei waren, wird die Tochter der Familie gefragt, wie es ihr geht, was sie denkt. Das Kind weiß nicht, was es sagen soll, es beginnt, zu weinen. Sobald es theoretisch sagen kann, was es will, weiß sie nicht, was sie sagen soll. Als sie nach einem Gedicht gefragt wird, rezitiert es einen Partei-Spruch.
Die Szene zeigt, dass die Kinder scheinbar und offenbar einer Gehirnwäsche unterzogen wird, die erfolgreich ist. Aber ein Kind in Großaufnahme beim Heulen zu zeigen, ist dann schon wieder grenzwertig. Nur das Kind konnten die Filmemacher kurz „knacken“. Spricht auch nicht wirklich für diesen Film. Es hinterlässt leider einen sehr schalen Beigeschmack.


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Kommentare

2 Antworten zu „Inside Nordkorea“

  1. ThomasS

    Die Schlussszene habe ich ähnlich empfunden.
    Was rührt die Herzen mehr als ein weinendes Kind.
    Da draufzualten, ist ebenso Propaganda wie das, was durch die Doku angeprangert werden soll.
    Das ist ein Vorwurf, den sich die Filmemacher durchaus gefallen lassen müssen.

    Einen gewissen Einblick in das Innere Nordkoreas hat mir die Doku aber trotzdem vermittelt. Dass diese Innenansicht lediglich das Nordkorea-Bild bestätigt, das hierzulande jeder aufmerksame Fernsehzuschauer eh bereits kennt, kann ich aber nicht als Verschulden oder Versagen der Filmemacher, sondern das scheint durchaus in der Natur der Sache zu liegen.

    Die Einwohner Nortkoreas werden offenbar systematisch und effizient von unerwünschten Einflüssen abgeschirmt. Stattdessen werden sie von klein auf zu einer Art Nibelungentreue gegenüber der politischen Führung gedrillt, die zugleich religiös verklärt wird. Obgleich Korea ebenso ein geteiltes Land ist wie seinerzeit Deutschland, kann ich hier keine Parallelen erkennen. Kein Tauwetter ist in Sicht, wie es in den 1980er Jahren im europäischen Ostblock stattfand. Ja, ich sehe nicht einmal den Ansatz zu einem Aufstand, wie er damals zeitgleich im Nachbarstaat China blutig niedergeschlagen wurde. Aber zwischenzeitlich haben ja sogar die Chinesen ihre kommunistische Dogmatik aufgegeben und sich der westlichen Welt angenähert.

    Nordkorea, wie ich es aus den Medien kenne, gibt mir zahlreiche Rätsel auf.
    Der relativ kleine Staat, der nach dem Koreakrieg in den 50er Jahren per Friedesvertag entstanden ist kommt mir beinah vor wie das letzte Sammelbecken für Ideologen, die im finstersten Stalinismus hängen geblieben sind. Darauf weisen auch die Methoden hin, über die die Doku berichtet. Von der Schar an Funktionären, die den ausländischen berichterstattern nicht von der Seite weichen, über den fulminanten Personenkult bis hin zur gezielten Pfege eines Feindbildes, allen voran die USA.

    Selbstverständlich gibt die Manipulation, die hier gezeigt wird, Anlass zur Lächerlichkeit.
    Andererseits – das muss ich einräumen – würde wohl auch ein westlicher Regisseur ähnlich agieren, wenn er den Auftrag erhält, ein Unternehmen oder eine politische Partei ins rechte Licht zu rücken. Immerhin hat hier aber immerhin jeder die Option, nicht weiter mitzuspielen und anderswo hinzugehen. In Nordkorea scheint es diese Option nicht zu geben.

    Ich denke, die Einwohner Nordkoreas sind auch nicht dümmer als der Rest der Welt.
    Du kannst noch so fanatisiert aufgewachsen sein:
    Früher oder später stellst du fest, dass doch nicht alles Gold ist, was glänzt.

    Die Weltpolizei USA ist damals in den Irak einmarschiert unter der Maßgabe, es gebe dort Massenvernichtungswaffen, was sich dann als Falschmeldung herausgestellt hat. Das neo-stalinistische Nordkorea hingegen hält mittlerweile mit dubiosen Atomwaffen-Tests die Welt in Atem. Wie passt das zusammen?!?

  2. RT

    Ja, um Nordkorea ist es relativ still. Selbst wenn die solche Tests machen. Seltsam.

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