Jonathan Franzen: Unschuld

Seit „Die Korrekturen“ Anfang der 2000er gilt der Autor Jonathan Franzen als Literaturgenie. Seitdem wird jeder seiner Romane mit Spannung erwartet. Und mit Geduld, denn auch „Unschuld“ ist wieder ein fetter Wälzer – 830 Seiten. Die muss man erst mal schaffen.

Die Handlung klingt spannend. Pip Tyler lernt einen Whistleblower kennen. Sie erhofft sich von ihm Hinweise darauf, wer ihr Vater ist. Den kennt sie nämlich nicht. Unterdessen wird sie von ihren Studienschulden erdrückt, ihre Mutter nervt sie.
Dann aber kommt Andreas Wolf ins Spiel, bei ihm kann sie ein Praktikum beginnen: Internet-Journalismus. Und vielleicht bekommt sie ja so etwas über ihre eigene Identität raus.

Und das auf 830 Seiten. Hätte ganz spannend werden können, aber leider zieht sich die Story zäh wie ein Kaugummi. Die Geschichte steht oft viele Seiten lang auf der Stelle. Die Art, wie Franzen erzählt, ist seltsam spröde und langatmig. Die ellenlangen Erzählungen und Erläuterungen werden von ewigen Dialogen, die aber auch oft auf der Stelle treten, abgelöst.
Schnell verliert man jegliches Interesse, weil es alles einfach nicht voran kommt. Und das ist bitter und extrem schade, denn Franzen setzt seine eigene Messlatte ja sehr hoch.
Es gibt in diesem fetten Schinken viel zu lange Leute, die oberflächlich sind, nicht sehr sympathisch – es fehlt die Identifikationsfigur. Es ist alles so schrecklich egal.
Hält man als Leser trotzdem durch, stabilisiert sich die Story immerhin auf den letzten 150 Seiten, dann nimmt das alles doch noch Form an. Aber dann ist es doch leider viel zu spät.
Aus den 830 Seiten hätte man gut und gerne die Hälfte zusammenstreichen können. Schade um’s viele Papier!

Jonathan Franzen: Unschuld
Rowohlt, 830 Seiten
2/10


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