NeoMagazin Royale: Kein Wort über Erdogan

DO 07.04.2016 | 22.30 Uhr | zdf_neo

Was für ein Irrsinn. Da mischt sich nun auch noch Bundeskanzlerin Angela Merkel in den Streit um die angebliche Schmähkritik von Jan Böhmermann im „NeoMagazin Royale“ ein. Die hat nämlich mit irgendeinem wichtigen Politiker aus der Türkei telefoniert und fühlte sich da bemüßigt, sich zu Böhmermann zu äußern. Es sei eine bewusste Verletzung, sagte sie. Und auch die deutsche Satirefreiheit habe Grenzen, sagte sie.
Was, bitte, soll das? Jetzt muss Frau Merkel also einen Kniefall vor der Türkei machen, nur weil Böhmermann eine nicht besonders lustige Satire zum Besten gab. Ist das nicht auch ein Eingriff in die Presse? Und wie oft ist eigentlich Merkel in der Türkei schon von Medien beleidigt worden, und niemand hat reagiert?

Auch Frau Merkel scheint zu den Leuten zu gehören, die sich nicht die komplette Satire angesehen haben, die sich vielleicht nur das Schmähgedicht selbst angehört hat. Aber zur Satire gehörte eben nicht nur das Gedicht, sondern auch das, was Böhmermann drumrum gesagt hat.
Und jetzt hat man ihn auch noch angezeigt. Deutschland wird langsam, aber sicher, völlig irrsinnig.

In der Sendung vom Donnerstag: Kein Wort zu Erdogan. Es schien, als wolle Böhmermann mit Absicht eine belanglose Sendung abliefern. Scheinbar öde Gespräche und Themen – bloß keine Aufreger!
Somit wirkte die Ödnis fast schon wieder subversiv.

Und was der Satiriker in der letzten Viertelstunde ablieferte, das war dann schon wieder ein Highlight. Er hatte Anne Will zu Gast und zeigte dann einen Ausschnitt, in dem er bei „Anne Will“ zu Gast war – und landete in einer Einspieler-Schleife. Böhmermann bei Markus Lanz, im Promi-Dinner, beim Bergdoktor. Wirre Schnitte und Effekte, eine ZDF-Störungstafel – seltsames Fernsehen. Faszinierendes Fernsehen. Mit offenem Mund verfolgte ich dieses Spektakel, diese scheinbare technische Störung, dieser Böhmermann-Albtraum.
Keine Ahnung, was er damit sagen wollte – vielleicht der Irrsinn, in dem wir leben, diese Egalheit des ZDF-Programms, diese Gefangenheit im Relevanz-Nichts.

Dass es Fernsehkunst war, ist vielleicht übertrieben – aber das war wieder mal etwas Überraschendes, etwas Fesselndes. Wünscht man sich doch viel öfter vom Fernsehen.


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