Ans Aufhören denkt er nicht

Ein Ur-Kremmener – vor 40 Jahren bekam Manfred Schöneberg seinen Meisterbrief als Tapezierer

MAZ Oberhavel, 23.10.2015

KREMMEN
40 Jahre Meister. Manfred Schöneberg hält von solchen Jubiläen nur wenig. Der Kremmener wird es am Sonnabend nicht feiern, sagt er. Seit einem Jahr ist der 66-Jährige Rentner, ans Aufhören denkt er aber noch nicht. „Ich möchte so lange arbeiten, wie meine Frau arbeitet“, sagt er. Silvia Schöneberg führt das Sportgeschäft am Marktplatz. „Vielleicht noch zwei bis drei Jahre“, sagt sie.

Seinen Meister hat Manfred Schöneberg als Tapezierer, so ist es auch in der Liste der Potsdamer Handwerkskammer gekennzeichnet. Wer da aber nur an kahle Wände denkt, die mit einer Tapete verziert wird, der irrt. Weil es Mitte der 70er-Jahre in Kremmen schon zwei Tapezierer gab, musste er umdenken, weil er ansonsten keine Gewerbeerlaubnis bekommen hätte. Für ein Vierteljahr arbeitete er in einer Berliner Sattlerei und bekam 1975 in Kremmen ein Okay für ein entsprechendes Gewerbe: als Autosattler. „Aber eigentlich hat das später keinen mehr interessiert“, erzählt er. Heute heißt der Beruf „Raumausstatter“.

Die Materialbeschaffung in der DDR war, das erzählen alle Handwerkermeister, schwierig. „Man musste aus Sch … Bonbons machen“, so Schöneberg. „Man musste erfinderisch sein.“ Weil er entsprechende Maschinen hatte, konnte er an großen Ledergarnituren arbeiten. Auch das Polstern gehörte dazu. Es ist noch gar nicht so lange her, da kam ein Kunde mit einer Couch von 1988 zu ihm. „Wir mussten nur den Schaumstoff erneuern, das Gestell war noch wie vor 25 Jahren“, erzählt der Kremmener.
Die Wende war schwierig. „Wir haben uns durchgeschlagen.“ Allerdings musste er seine Leute entlassen und machte fortan alleine weiter. Vor zehn Jahren nahm er erstmals einen Montage-Auftrag an und reiste seitdem beruflich durch die Welt. In China zog er für eine Firma Zwischendecken ein, auf einem Kreuzfahrtschiff war er für die Polsterung der Zimmer mitzuständig. „Das hat meinen Horizont erweitert.“

Manfred Schöneberg ist und bleibt ein Kremmener Urgestein. „Hier gemacht, geboren und geheiratet“, sagt er und lacht. Er besuchte die Kremmener Schule, war bei der Armee in Potsdam-Eiche, ging in die Lehre, eröffnete 1975 seine Firma. Mit seiner Frau Silvia ist er seit 41 Jahren zusammen. „Seit der Fußball-WM 1974. Da waren wir bei einem Fest am Kremmener See. Deutschland hat gegen Schweden 4:2 gewonnen. Wir kannten uns schon, aber ab da waren wir richtig zusammen.“ 1975 dann die Hochzeit, sie haben zwei Kinder und vier Enkelkinder.
Letztere sind auch das große Hobby von Manfred Schöneberg. Sie haben den Fußball abgelöst. Viele Jahre war er beim FC Kremmen aktiv, als Spieler und im Vorstand. „Als Stürmer habe ich angefangen.“ Er überlegt kurz. „War eine schöne Zeit. Für meine Frau allerdings bestimmt nicht“, schiebt er nach. Seine Frau Silvia antwortet nicht.
Nach der Wende war er auch lange in der Stadtpolitik aktiv, er war Stadtverordneter und Ortsbeiratsmitglied. „Kultur und Sport waren mein Steckenpferd.“ Doch die Zeiten sind für ihn vorbei, er will sich da nun raushalten.

Kremmen aber, das ist und bleibt „meine Heimat, und das sind meine Freunde.“ Die Feiern bei Schönebergs, die sollen nämlich legendär sein. Auch wenn es zum 40. Meisterjubiläum keine gibt.


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