Freistatt

Sie waren schwer erziehbar. Beziehungsweise hat sie irgendjemand für schwer erziehbar gehalten. Sie wurden verprügelt, misshandelt, seelisch verroht. Sie kamen ins Arbeitslager. Und das alles unter dem Deckmantel der kirchlichen Barmherzigkeit.
Die Geschichte der Freistatt-Heime gehört zu denen, die bislang kaum bekannt sind. Nun gibt es einen Film zu diesem Thema. Einen, der offenbar dringend notwendig ist.

1968. Wolfgang (Louis Hofmann) muss sein Zuhause verlassen, da sein Stiefvater ihn nicht da haben will. Er kommt ins Heim. Und schnell wird ihm klar: Es ist die Hölle. Brockmann (Alexander Held), der Chef des Hauses, wirkt zwar milde, aber die Drecksarbeit lässt er eh andere machen.
Die Jugendlichen müssen hart arbeiten, sie müssen Torf stechen, und abends bekommen sie kaum zu essen – während die Aufpasser (u.a. Max Riemelt) in Sichtweite gut speisen. Unter den Jugendlichen macht sich Hass breit. Alle auf einen. Alle auf alle. Der Stärkere gewinnt.
Wolfgang will nur weg. Aber wie?

Marc Brummund erzählt eine niederschmtternde Story aus der Nachkriegszeit der Bundesrepublik. Geradezu ohnmächtig verfolgt der Zuschauer das Geschehen. Es ist niederschmetternd zu sehen, was da vor sich geht. Die Hoffnungslosigkeit. Der Mut, der immer wieder im Keim erstickt wird. Immer wieder gibt es Rückschläge, es scheint alles immer schlimmer zu werden. Neue Grausamkeiten kommen ans Licht, und man fragt sich: Wo führt das alles hin?
Unbarmherzig muss der Zuschauer das alles erleben. Die Spannung ist manchmal nervenzehrend.
Mit Louis Hofmann hat „Freistatt“ einen tollen Hauptdarsteller. Hofmann bringt die Wut, den Mut und die Niedergeschlagenheit toll rüber. Aber auch die anderen Jugendlichen um Enno Trebs machen einen tollen Job.
Dass der Film teilweise an Originalschauplätzen gedreht worden ist, macht das Ganze noch gruseliger.

Freistatt
D 2014, Regie: Marc Brummund
Salzgeber, 108 Minuten, ab 12
9/10


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