Poltergeist

Wenn man von einem filmischen Meisterwerk ein Remake in die Kinos bringen will, dann ist das ein ambitioniertes Projekt. Und die Frage ist: Was will man erreichen? Möchte man alles besser, cooler und moderner machen als im Original? Will man den Film neu und anders erzählen?
Was Gil Kenan mit dem Remake von „Poltergeist“ erreichen wollte, ist mir allerdings schleierhaft. Wenn man seinen Film sieht, kann es nur ein Grund sein: Geld machen.
1982 brachte Steven Spielberg seinen „Poltergeist“ an den Start, und noch heute wirkt er kaum altbacken. Noch heute ist er spannend, er hat Witz, er hat Thrill, er hat viele Gimmicks.
Die Neuauflage hat: nichts.

Die Geschichte ist bekannt: Familie zieht in ein Haus, schnell ist klar: Es spukt. Und die Geister haben es auf die Tochter abgesehen. Der Fernseher scheint der Tor in die andere Welt zu sein, und der Grusel erreicht seinen Höhepunkt. Die Tochter ist weg, in der Welt der Poltergeister. Die Familie holt sich Experten, die Rückholaktion beginnt.

Nur mal angenommen, Regisseur Gil Kenan hätte „Poltergeist 4“ gedreht und kein Remake des brillanten ersten Teils: Mit ein paar raffinierten inhaltlichen Wendungen und Rückgriffen auf das Original hätte das ganz interessant sein können. Aber nein, es sollte das Remake sein, die Neuinterpretation des Kultfilms von 1982.
Die 2015er-Version von „Poltergeist“ wirkt billig. Sie hat kein Witz, keine Ideen, keine interessanten Figuren. Die Familie ist unglaublich langweilig besetzt und geradezu dösig dargestellt, auch die Geisterexperten sind 0815-Figuren. Dass Hauptdarsteller Sam Rockwell die nölige deutsche Stimme von Adam Sandler hat, macht’s noch schlimmer.
Die Handlung ist dünn. Der Film wirkt, als hätten sich die Drehbuchautoren total gelangweilt einige Punkte aus dem 1982er-Buch abgeschrieben, hier und da ein paar Nuancen geändert und alle netten Nebenhandlungen weggelassen.
So spult der Film gelangweilt und fast im Schnelldurchlauf die Geschichte ab, sie bietet an kaum einer Stelle irgendeine Besonderheit. An einem Punkt schweift er aber doch vom Original ab – und versaut die Geschichte vollends: Der Zuschauer sieht, was hinter der Tür passiert. Er sieht, wie die Welt der Poltergeister aussieht. Die 2015er-Poltergeist-Version nimmt dem Zuschauer die letzten Illusionen und Fantasien. Sehr ärgerlich und tumb.
Die Effekte sind durchaus in Ordnung – dass der Film in 3D zu sehen ist, das ist jedoch eine Unverschämtheit und reine Abzocke. Es gibt schlicht keinen Grund für die 3D-Technik, die Umsetzung ist in einigen Szenen grottig, manchmal kann man die Brille sogar absetzen, und das Geschehen auf der Leinwand sieht ohne Brille viel plastischer und besser aus. Eine echte Bankrotterklärung.
Aber das ist der Film im Gesamten. Der „Poltergeist“ im Jahre 2015 ist unverschämt beschissen, ein unfassbar ärgerliches, überflüssiges und schlichtweg doofes Remake. Der Flop des Jahres. Mindestens.

Poltergeist
USA 2015, Regie: Gil Kenan
Fox, 94 Minuten, ab 16
0/10


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Kommentare

8 Antworten zu „Poltergeist“

  1. ThomasS

    „P=oltergeist“ ist doch eh längst überholt.
    Inzwischen haben wir es mit „Paranormal Activity“ zu tun bekommen inklusive etlicher mehr oer weniger gelungener Fortsetzungen und Prequels. Dagegen wirkt die Vorlage aus den 80ern heutzutage wirklich schon fast altbacken, ja, geradezu lächerlich!

    Keine Ahnung, was den Produzenten bewogen hat, mit teurem Geld die Rechte einzukaufen und ein Remake zu finanzieren.
    Ich vermute, es wird ein Flop werden.
    Und es ist mir Scheißegal!

  2. RT

    Überholt? Nicht wirklich. Altbacken und lächerlich? Ähmnein.

  3. ThomasS

    Wie auch immer … du musst zugeben, dass sich „Paranormal Activity“ modernerer Mittel bedient, die vor allem ein jüngeres Publikum eher ansprechen. Ich bejuble gewiss nicht jeden neumodischen Trend, aber in diesem Fall sehe ich bei dem Klassiker wirklich nur noch Nostalgie-Wert. Auf die Idee mit der Videokamera ist Spielberg damals jedenfalls nicht gekommen. Konnte er auch ncht. Das gibt es erst, seitdem die „Found Footage“ Machart Einzug ins Kino gefunden hat.

    Nix gegen Spielbergs „Poltergeist“.
    Das ist zweifellos ein Klassiker.
    Aber stell dir vor, das deutsche Drama wäre bei Goethe stehen geblieben. Das wäre doch schrecklich! Der „Faust“ ist zweifellos ein Stück Weltliteratur. Aber alles Folgende hat entweder darauf aufgebaut oder versucht, gegenan zu gehen oder es zu ignorieren (was nicht funktioniert hat).

    „Paranormal Activity“ hat auf „Poltergeist“ aufgebaut und es besser gemacht, indem man das Thema für die heutige Zeit aufbereitet hat. Es gibt viele andere Spielbergs, die sind für alle Ewigkeiten unangefochten, allen voran „Schindlers Liste“. (Da wird hoffentlich auch niemand auf den Gedanken für ein Remake kommen.)

    Im Grunde genommen, sind wir uns ja eh einig, dass das Remake komplette Scheiße ist. Wir unterscheiden uns nur in der Begründung. Du sagst, die Kopie reicht nicht an der Original heran. Das wird stimmen. Ich sage, wer heutzutage ein Remake von „Poltergeist“ wagt, ignoriert zugleich alles, was seit 1982 in diesem Genre gelaufen ist und muss damit zwangsläufig scheitern!

    >Aber stell dir vor, das deutsche Drama wäre bei Goethe
    >stehen geblieben

    BEISPIEL: Am vergangenen Samstagabend lief auf 3sat ab 22:10 ein Film von 1971 namens „Der Händler der 4 Jahreszeiten“. Immerhin nach einem Dtrehbuch von Rainer Werner Fassbinder. Ich hab’s mir 20 Minuten angetan, dann hatte ich keinen Bock mehr. Diese gestelzten und manirierten Dialoge. So konnte man damals vielleicht noch Theater machen. Heute kommt das nicht mehr an! Fassbinder hat echt Glück gehabt, dass er so jung verstorben ist! Stell dir vor, der wäre heuer 70 geworden und würde noch genauso schreiben wie damals und keiner mehr würde seine Stücke mehr lesen geschweige denn aufführen! Das wäre tragischer, als es ein noch so früher Tod jemals sein könnte. Fassbinder verstarb ja 1982 im zarten Alter von 37 Jahren, nachdem er ein intensives und ausschweifendes Leben geführt hatte. Sein Talent war zweifellos überragend. Aber die Zeit hat sich seit seinem Tod weiterbewegt (was ja deren gutes Recht ist). Und das gilt auch für „Poltergeist“.

  4. RT

    Muss ich dir in jedem Punkt widersprechen.
    Ich finde, Spielbergs „Poltergeist“ hat nicht nur Nostalgie-Wert. Mal abgesehen davon, dass es heute im Fernsehen keinen Sendeschluss mehr gibt, also gewisse Dinge so nicht mehr funktionieren – inhaltlich und technisch ist „Poltergeist“ auch heute noch modern. Und das nach 33 Jahren. Und das finde ich eine große Leistung.

    Ich finde auch nicht, dass „Paranormal Activity“ besser ist, nur weil er irgendwie moderner ist. Es ist schlicht auch eine andere Geschichte.

    Wir können uns nicht einig sein, was das Remake angeht. Du hast es ja nicht gesehen.

    Und einen öden Fassbender-Film mit Spielberg zu vergleichen, finde ich mehr als gewagt. Der Fassbender-Film war damals dröge und er ist es heute ebenso.

  5. MarWin

    „PA“ ist doch auch nur auf Aufguss vom „Blair Witch Project“ 😉
    Mir hat das „Poltergeist“-Remake auch absolut nicht gefallen. Es hat irgendwie keine Berechtigung, ist lieblos gemacht, schlecht erzählt. Das Original habe ich erst vor Kurzem gesehen – und es wirkt und funktioniert auch heute noch! Gutes Geschichtenerzählen stirbt halt nicht aus – nur die Mittel sind vielleicht andere geworden, zumindest filmisch. Aber die Macher vom neuen Poltergeist nutzen sie nicht.

  6. RT

    Hätte ich nicht für möglich gehalten: Aber „Poltergeist“ ist nun von „Kartoffelsalat“ unterboten worden.

  7. Marwin

    😀 Tja … mies zubereiteter Kartoffelsalat schlägt eben alles!

  8. RT

    Oooohja!

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