Mein Sohn Helen

FR 24.04.2015 | 20.15 Uhr | Das Erste

Aus Finn wird Helen. Zur besten Sendezeit widmet sich die ARD in einem Fernsehfilm dem Thema Transgender. Mit Happy End.
Als Finn nach einem Jahr in die USA zurückkehrt, nennt er sich Helen und sieht aus wie eine Frau. Finn fühlte sich schon immer im falschen Körper, wie Helen jetzt sagt. Alle müssen sie nun damit klarkommen: der Vater, die Freunde, die Mitschüler. Kein leichter Weg. Für alle.

„Mein Sohn Helen“ zeigt, dass von allen Beteiligten einiges abverlangt wird. Von Finn/Helen unfassbar viel Mut. Von den anderen Toleranz und den Willen, das alles so zu akzeptieren und zu verteidigen.
Ein wirklich sehr gut gemachter, gelockerer, lustiger, junger, sehr oft nachdenklich machender Film, zudem flott inszeniert und mit Jannik Schümann als Finn/Helen hervorragend besetzt.
Nach einem dramatischen Fast-Ende schlägt der Film ganz zum Schluss noch eine recht gewagte Happy-End-Kurve. Eine irgendwie nicht ganz glaubhafte, denn im wahren Leben dürften sich wohl kaum alle Probleme in Luft auflösen.
Muss das sein?

Muss nicht, aber kann. Einerseits wäre es völlig in Ordnung gewesen, den Film früher enden zu lassen. Nämlich an der Stelle, wo der Vater den Selbstverstümmelungsversuch von Finn/Helen verhindert hat.
Aber warum kann man nicht auch mal träumen? Von einem Happy End, davon, dass man all diese Probleme irgendwie lösen kann, dass am Ende die Freude überwiegt.
Das Thema kann ein so positives Ende durchaus vertragen – und vielleicht auch mal ein wenig zu sehr vom Realismus abweichen.


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Kommentare

9 Antworten zu „Mein Sohn Helen“

  1. ThomasS

    Ich habe den Film bisher nur zur Hälfte gesehen, daher kann ich auch nur die erste kommentieren. In einem muss ich dir recht geben: Das Casting des Darstellers von „Finn/Helen“ war perfekt! Vielleicht sogar ein bissl zu perfekt. So wie mir auch die ganze Handlung ein bissl zu perfekt war. Aber das hast du ja selbst mal erwähnt, dass das Erste den 20:15 Slot am Freitagabend gern mit Materie füllt, die letztlich irgendwie auf „Heile Welt“ hinausläuft. Nach deiner Zusammenfassung zu urteilen, was das wohl auch diesmal wieder der Fall. Trotz des problemantischen Themas der sogenannten „Geschlechtsangleichung“.

    Nicht zuletzt dank Prominenten wie der ESC-Gewinnerin „Conchita Wurst“ ist die Öffentlichkeit heutzutage leidlich über das Thema „Transsexualität“ informiert. Wie immer in Sachen Sexualität spielte auch hier der Kiez eine Vorreiterrolle. Bist du da vor 20 Jahren einer fremdländischen Frau begegnet, die nicht unbedingt der mütterliche Typ war, so war’s mit Sicherheit ne Transe.

    Auch wenn M2F Transsexuelle auch heute nicht unbedingt zum Stadtbild deutscher Innenstädte gehören, so kannst du doch schon hier und da der einen oder dem anderen begegnen. Denen siehst du aber normalerweise auch an, dass da jemand anders sein will. Mitunter muss die/derjenige sich auch erst erklären, bevor du kapierst, dass du nicht nur einen langhaarigen Hippie vor dir hast, der aus irgendeiner Laune heraus gern Röcke trägt.

    So jemand wie „Helen“, die auf den 1. Blick durchaus als attraktive Frau durchgehen würde, scheint mir IRL eher die Ausnahme zu sein. Die Regel sind skurrile Gestalten wie „Conchita Wurst“, die in Wahrheit nicht Fisch noch Fleisch sind und deshalb versuchen, beides gleichzeitig zu sein. Ich habe von Naturvölkern gehört, bei denen gibt es nicht nur 2, sondern mindestens 4 Geschlechter. Vielleicht sind „Conchita“ & Co nicht iom falschen Körper geboren, sondern lediglich im falschen Kulturkreis. Somit bräuchte es keinen aufwändigen hormonellen und operativen Eingriff, sondern lediglich eine Reise, um leben zu können. Den Rest der Welt davon zu überzeugen, das gefälligst zu akzeptieren … das hat für mich irgendwie was Deutsches. Ich toleriere diese Leute, solang sie mir nicht weh tun. Aber was ich akzeptiere und was nicht, das ist meine Privatsache.

    Und da kann ich die Heino-Ferch-Figur gut verstehen.
    Stell dir vor, du willst deinen Sohn in Empfang nehmen, der von einem Jahr Auslandsaufenthalt zurück kommt, und plötzlich steht jemand vor dir und sagt „Kuckuck, ich bin deine Tochter“. Da würde es generell erstmal „TILT“ machen. Zumal Finn ja auch schon Jahre voerher mit seiner mittlerweile verstorbenen Mutter gemeinsame Sache gemacht hat, als es um die Hormonspritzen ging.

    Auf jeden Fall für einen „Heile-Welt-Film“ ein echt gewagtes Thema.

    Was hätte z.B. dagegen gesprochen, den Vater aus dem USA-Aufenthalt sachte drauf vorzubereiten. U.a. auch seitens der Tante, die den Sohn ja ermunterrt hat, zur Frau zu werden.
    Aber nein … der vater war ja soooo intolerant, der MUSSTE einfach ausgebootet und vor vollendete Tatsachen gestellt werden! Ganz nach dem Motto: Friss oder stirb!

    Ich finde dies Verhalten unfair!
    Und die Ferch-Figur wurde ja nun wirklich nicht als der typische Nazi-Vater eingeführt, der seinen Sohn halbtot geprügelt hätte oder sich von ihm losgesagt. Solche gibt es zweifellos auch. Aber das wäre für einen Freitagabendfilm womöglich dann zu problematisch geworden. So stimmte am Ende das Ganze hinten und vorne nicht.

  2. RT

    Dass sich Helen unfair verhält, ist klar. Aber das ist ja auch ein Konflikt in der Geschichte und finde ich als Filmhandlung völlig legitim.

    Und ich glaube schon, dass es viel mehr solche Leute wie Finn/Helen gibt, die ganz und gar nicht so skurril sind.
    Zudem passt das Beispiel Conchita Wurst nur bedingt, denn der Mann, der dahinter steckt, will sich ja nicht zur Frau umpoerieren lassen.

  3. ThomasS

    „ich glaube schon, dass es viel mehr solche Leute wie Finn/Helen gibt, die ganz und gar nicht so skurril sind.“

    Also, ich weiß ja nicht, mit wie vielen M2F Transen du bereits zu tun hattest. Bei mir waren’s zwei.

    Aber wenn dir dann so eine 2 Meter Gestalt mit breitem Kreuz und tiefer Stimme entgegen tritt, die geschminkt ist, sich weiblich kleidet und eine Frauenfrisur trägt, dann kannst du dieser Erscheinung eine gewisse Skurilität nicht absprechen. Die Person kann ja trotzdem total nett und echt locker drauf sein. So eine hat z.B. damals mit mir an dem Taxischein-Lehrgang teilgenommen …

    Im übrigen grenzt es für mich eh an ein Wunder, wie irgendjemand dieses GeschlechtsIdentitäts-Wirrwarr überstehen kann, ohne einen echten Hau davon zu tragen!

  4. Marwin

    „Nicht zuletzt dank Prominenten wie der ESC-Gewinnerin “Conchita Wurst” ist die Öffentlichkeit heutzutage leidlich über das Thema “Transsexualität” informiert.“

    Daran glaube ich nicht. Die meisten kennen nicht einmal den Unterschied zwischen Transsexuellen und Transvestiten.

    Der Film hat mir aber schon gefallen. Klar, es wird alles sehr einfach geklärt, das Ende ist zu illusorisch (aber ein schönes Träumchen) und Helen kommt sehr sehr „heile“ davon – selbst der sicherlich extreme Schulhorror wird nur gestreift.

    Dass der Vater mit der „Wahrheit“ nicht klargekommen wäre, wird angedeutet. Er hatte wohl schon alles „Schwule“ und „Feminine“ aus Finns Kindheit verbannt.

    Für mich gibt es weitaus bessere Transgender-Film: Boys Don’t Cry, Romeos, Dallas Buyers Club, Transamerica, Agnes und seine Brüder oder auch Alles über meine Mutter.

  5. RT

    Denke ich auch, dass viele den Unterschied nicht kennen.
    Zu den Transgender-Filmen: Da kann ich mitgehen, nur Letzteren habe ich nicht gesehen und „Agnes…“ fand ich nicht so toll.

  6. Marwin

    Alles über meine Mutter – war mein erster Almodovar. Der lohnt echt!

  7. RT

    Mein erster könnte „La mala education“ gewesen sein, als er im Kino lief.
    http://www.rtiesler.de/index.php/2010/07/08/la-mala-educacion-schlechte-erziehung/

  8. Marwin

    Oh, schön! Den fand ich ganz ganz großartig – und teils sehr sexy 😉

  9. RT

    😀

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