Der Mythos vom bösen Wolf

Expertin Sabine Pott über Isegrims Ankunft in der Region und Verhaltensregeln für Menschen

MAZ Oranienburg, 5.3.2015

HOHENBRUCH
Nachdem in der vergangenen Woche der Wolf in Groß-Ziethen in die Fotofalle tappte, herrscht Gewissheit: Das Tier ist in der Region unterwegs. Sabine Pott (28) aus Hohenbruch arbeitet in der dortigen Tierpension mit kleinem Tierpark und ist beim Naturschutzbund (Nabu) als Wolfsbotschafterin aktiv.

MAZ: Warum hat der Wolf so einen miesen Ruf?
Sabine Pott: Dazu haben neben dem Mythos vom „bösen Wolf“ wohl auch die Märchen der Brüder Grimm beigetragen. Außerdem galt der Wolf als Nahrungskonkurrent, damals waren die Menschen mehr auf ihre Nutztiere angewiesen. Es kam durch Mangel an Schutzmaßnahmen zu Zwischenfällen zwischen Nutztieren und Wölfen.

Sind Sie überrascht über den Wolf, der bei Groß-Ziethen geblitzt worden ist?
Pott: Eigentlich gar nicht. Es gibt in Brandenburg mehrere Rudel und Paare. Es war also nur eine Frage der Zeit. Das Foto von Groß-Ziethen ist aber purer Zufall. Wobei ich nach dem Vorfall in Verlorenort nicht weiß, ob es sich dort wirklich um einen Wolf handelte, der das Kalb riss. Das Wolfsmanagement wurde nicht informiert, es wurde nichts untersucht.

Haben wir einen Wolf oder sind es mehrere?
Pott: Zurzeit wird es wohl einer sein. Wölfe leben in Kleinfamilien, die Jungtiere wandern im Alter von 22 Monaten ab und suchen sich ein eigenes Territorium. Möglicherweise ist es bei uns ein Jungwolf. Es ist Paarungszeit, und er könnte auf der Suche sein. Aber das ist alles Spekulation.

Wie groß ist sein Territorium?
Pott: Er legt am Tag 70 bis 80 Kilometer zurück.

Wie sollten wir uns verhalten?
Pott: Es ist unwahrscheinlich, dass man einem Wolf begegnet. Er riecht den Menschen, dann sucht er das Weite. Und ansonsten sollte man in die Hände klatschen und wild gestikulieren. Von ihm geht nicht mehr Gefahr aus, als von anderen heimischen Wildtieren.

Steht er unter Naturschutz?
Pott: Er steht unter dem höchstmöglichen Schutz, den Wildtiere genießen können. Er gehört zum nicht jagdbaren Wild, es ist strafbar, ihn zu erschießen. Was anderes ist es bei atypischem Verhalten, wenn er zum Beispiel die Scheu vor Menschen verloren hat und möglicherweise dadurch eine Gefahr von ihm ausgeht. Hier gibt es sehr genaue Regeln.

Wie können Landwirte ihre Tiere schützen?
Pott: Zum Beispiel mit Herdenschutzhunden und wolfssicheren Zäunen. Ein Wildtier macht unterbewusst immer eine Kosten-Nutzen-Rechnung, wie viel Energie es verbraucht, um an Nahrung zu kommen. Landwirte warten oft, bis das erste Tier gerissen worden ist und kümmern sich erst dann um den Schutz. Der Wolf lernt so, wo er leichte Beute hat.

Apropos, was frisst er denn so?
Pott: Hauptsächlich Rehe, Wildschweine und Kaninchen, aber auch Schafe und Ziegen sind gefährdet.
Trotz dieser Widrigkeiten – ist es ein positives Signal, dass der Wolf bei uns ist?
Pott: In meinen Augen definitiv. Er bringt auch Probleme mit sich, aber die sind zu lösen, wenn die Betroffenen bereit dazu sind. Das Land Brandenburg hat einen Wolfsmanagementplan, der besagt in welcher Höhe Präventionsmaßnahmen gefördert werden und inwieweit Schadensfälle kompensiert werden. Die Nutztierhalter können sich bei den entsprechenden Behörden zu informieren.


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