Bahnbekanntschaften (79): Weg aus Guben!

(78) -> 14.4.2014

Was muss der Bahnhof von Guben, in Ostbrandenburg an der Grenze zu Polen, mal für ein Mega-Anziehungspunkt gewesen sein. Die Kopfsteinpflasterstraße, die dort hinführt, ist geschätzte zehn Meter breit. Es ist eine Trasse, breiter als viele Bundesstraßen. Ob da an den Werktagen hunderte Pendler ihre Autos parken?
Sie endet direkt vor dem Bahnhofsgebäude.

Es ist Sonntagvormittag, und da ist zugegebenermaßen vermutlich weniger los als sonst. Wobei das „Reiseland“ im rumepligen Container vor dem Gebäude so aussieht, als ob es längst ausgereist ist. Das dreckige Rollo ist runtergezogen. Was man dahinter noch erkennen kann, sieht nach Leere aus.

Ich laufe in den Bahnhof. Ich möchte eine Zeitung kaufen, und wo sonst kann man in einer Kleinstadt am Sonntagvormittag eine Zeitung kaufen, wenn nicht im Bahnhof? In Guben jedenfalls nicht.
Als ich in die Bahnhofshalle komme, erblicken mich drei Jugendliche. Sie qualmen und glotzen mich an. Ich bin neu hier, ich gehöre hier nicht her. Ihr Blick sagt, dass sie das ganz genau wissen. Es stinkt in der ganzen Halle nach ihrem Zigarettenqualm. Aber das ist egal, denn abgesehen von ihnen und mir ist niemand da. Rechts ist ein alter, gelbgerahmter Zeitungskiosk, wie es ihn in der DDR einst gab. Er hat zu. Vermutlich seit Jahrzehnten. Alles hat zu in diesem Bahnhof, und ich kann nicht erkennen, ob das am Montag, Dienstag, Mittwoch (…) auch so ist.

Ich laufe raus auf den Bahnsteig. Tatsächlich stehen auf der anderen Seite der Schienen ein paar Leute. Wieder werde ich angegafft. Scheinbar schwebt über mir ein für für Gubener sichtbarer Pfeil: „NICHT AUS GUBEN!“
Zwei Bahnlinien halten in Guben, der Regionalexpress von und nach Berlin und eine Regionalbahn nach Cottbus. Gerade kommt die RB11, und der Bahnsteig leert sich. Alle wollten sie weg aus Guben. Für den Taxifahrer, der vor dem Bahnhof wartet, kommt wieder kein Fahrgast vorbei.


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