Todesmutig hoch über Sommerswalde

Die Stufen der Blechleiter sind dünn. Alles wackelt. Und ich kann mich nicht richtig festhalten, weil ich mein Notizbuch unter den Arm geklemmt habe. Warum bloß habe ich mich entschieden, auf das Dach kraxeln zu wollen?

Im Sommerswalder Dreieck an der B273 tut sich momentan einiges. Das alte Forsthaus, das seit 1987 leergestanden hat, wird restauriert. Im Frühjahr 2015 soll dort eine Ausflugsgaststätte eröffnen. Am Mittwoch war Richtfest, und die Richtkrone hing hoch über dem Dach. Der Richtspruch ist hoch oben auf dem Gerüst aufgesagt worden. Mein Kollege und ich entschieden uns: Wir gehen mit hoch.

Zunächst ging es die besagte Leiter hoch. Kurz vor dem Ziel legte ich oben mein Büchlein ab. Oben ging es weiter über Bretterbohlen zu einem Fenster. „Da müssen Sie durch“, rief der Bauherr. Also wieder: klettern! Mein Kollege ist ganz souverän rüber- und durchgeklettert. Mir war das zu hoch, ich musste mich aufs das nicht vorhandene Fensterbrett setzen und mich da irgendwie drübermanövieren.
Das war der Moment, wo sich mein Notizbuch von mir verabschiedete. Es landete ganz unten im Sommerswalder Sand. Mein Stift stoppte im ersten Gerüststockwerk.
Mit leicht zittrigen Beinen stand ich nun also hoch oben im Gerüst und beobachtete den Festakt.

Todesmutig haben wir uns da hoch gewagt, und recht schnell stellen wir fest: völlig unnötig. Denn natürlich machten wir dann dort oben auch Fotos. Aber dort bekamen wir weder das Haus, um das es ging, noch den Richtkranz aufs Bild.
Wären wir doch lieber unten geblieben.
Ich kraxelte wieder runter und holte mir mein im Sand liegendes Notizbuch zurück. Nur an den Stift, an den kam ich nicht mehr ran. Wer von den Bauarbeitern in Sommerswalde also einen Kugelschreiber findet, darf ihn behalten. Mit freundlichen Grüßen.


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