Deutschboden

Zehdenick liegt etwa eine Autostunde von Berlin entfernt, und doch ist die kleine Stadt schon tiefste Provinz. Vor einigen Jahren reiste der Journalist und Autor Moritz von Uslar dorthin, um sich einige Wochen lang dort umzusehen. Er traf die Jungs von der Band „5-Teeth-less“. Es waren mal schwere Jungs mit noch schwierigerer Vergangenheit, jetzt treffen sie sich einfach nur zum Mitmachen und Spaßhaben. Und sie erklären ihm, dass sie immer im Auto hupen und „Deutschboden“ rufen, wenn sie am entspechenden Hinweisschild vorbeikommen.
Uslar reist durch die Stadt, trifft an der Tanke die Jugend, unterhält sich in der Knipe mit den anderen Besuchern und mit dem Kneiper. Er sieht die Tristess, aber auch die schönen Seiten der Kleinstadt.

Das Buch „Deutschboden“ handelt von der Stadt Oberhavel. Niemand hat verstanden, warum Moritz von Uslar der Stadt Zehdenick ausgerechnet den Namen des Landkreises gab. Auch sonst hat er einige Namen geändert, andere nicht.
Und das ist nur eines der Probleme der gleichnamigen Doku von André Schäfer. Er lässt Moritz von Uslar seine Buchtexte im Off vorlesen, da ist die Rede von Oberhavel, und man sieht auf Schildern Zehdenick. Man sieht die Diskcothek „Maxx“, und Uslar liest „Traxx“. Er liest „Haus Vaterland“, man sieht das „Haus Heimat“. Das macht irgendwie keinen Sinn. Vor allem dann nicht, wenn der Zuschauer weder das Buch noch Zehdenick kennen.
Überhaupt: Wenn Schäfer versucht, von Uslars Worte einfach nur zu bebildern, dann sind das die schwächsten Momente der Doku. Man sieht etwas und der Autor liest, was man da sieht. Das ist überflüssig.
Stark ist der Film, wenn sich André Schäfer vom Uslar-Text löst und selbst an die Leute rangeht. Wenn ihm die Bandleute erzählen, wie sie früher für Ärger sorgten. Wenn ihm der dunkelhäutige Jugendliche berichtet, wie er einst in eine Prügelei verwickelt war. Wenn ihm zwei Gastwirte von den Anfeindungen ihnen gegenüber berichten. Das sind starke Momente. Wenn aber Moritz von Uslar den Schauspieler gibt und gestellte Gespräche spielt, dann wirkt das seltsam.
Schade, hätte sich der Film viel mehr von der Buchvorlage (interessanterweise entstand die Doku laut Einblendung nach dem „Roman“ – von Roman war bislang nie die Rede) gelöst, wäre das alles sehr viel spannender gewesen. So wirkt er an zu vielen Stellen wie ein bebildertes Hörspiel.

Deutschboden
D 2013, Regie: André Schäfer
W-Film, 92 Minuten, ab 0
5/10


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