Spannende Dorfgeschichte

Der Kunsthistoriker Gerd Kley beschäftigt sich intensiv mit der Chronik von Schwante

MAZ Oranienburg, 4.2.2014

SCHWANTE
Die erste Erwähnung von Schwante ist auf 1273 datiert. Davon gehen die Schwantener zumindest aus. Gerd Kley ist Physiker und befasst sich nebenbei mit Kunst- und Regionalgeschichte. Seine Forschungen ergaben, dass sich die Bewohner da aber nicht so sicher sein können. Seit 2013 befasst sich der 71-Jährige mit der Geschichte des Dorfes. Für die Bearbeitung einer Broschüre über Schlösser in der Mark begab er sich auf Geschichtssuche.
1273 soll laut einer Urkunde das „Nonnenkloster Spandow“ Wein nach Schwante geliefert haben. „Ich habe mich erkundigt, die Urkunde gibt es“, so Gerd Kley. „Aber es wird nur von der Gegend ,einige Meilen um Spandow’ gesprochen, nicht von Schwante als Dorf.“ 1273 als erste urkundliche Erwähnung Schwantes sei also keineswegs bewiesen. „Im Ortslexikon ist Schwante erst ab 1355 nachweisbar.“

Aufmerksam geworden ist er aber auch auf bekannte Persönlichkeiten, die im Dorf gelebt und gewirkt haben. So ist am 6. September 1719 Sigismund Ehrenreich von Redern auf Schloss Schwante geboren. Er schrieb wissenschaftliche Abhandlungen zu Fragen der Optik und zu Newtons Begriff der Gravitation. Er war einer der Kuratoren der Akademie der Wissenschaften in Berlin und war Hofmarschall der Königin-Mutter und wurde von Friedrich II. zum Grafen ernannt.
Auch der Landschaftsmaler Eduard Ockel stammt aus Schwante. 1834 ist im Schloss geboren. „Im 19. Jahrhundert war es schick, seine Bilder zu haben“, erzählt Gerd Kley. „Er malte zum Beispiel Tiere, die sein Vater gezüchtet hat. Er galt als der Maler der Mark Brandenburg.“ Weil er aber die Wende hin zum Jugendstil und Impressionismus nicht mitmachte, geriet er aus dem Blickfeld der Kunstinteressierten und starb verarmt und vergessen. Kley hat drei seiner Tierbilder an einen Kunstfreund nach Schwante vermittelt. „Sie wirken wie alte Fotografien, so echt sehen sie aus“, sagt er mit Blick auf die Ockel-Werke.

Insbesondere das Schloss in Schwante steht im Mittelpunkt der Untersuchungen. „Es war zunächst eine Burg aus Holz“, sagt Gerd Kley. Diese ist 1618 abgerissen worden. Das heutige Schloss ließ Erasmus Wilhelm von Redern von 1741 bis 1743 erbauen. Es erlebte eine wechselvolle Geschichte.
So kaufte 1919 der Kaufmann Paul Litwin das Schloss. Es ist im Folgenden immer wieder für geheime Beratungen der Berliner Politik genutzt worden. Die sozialdemokratischen Politiker Paul Löbe und Otto Braun waren dazu genauso nach Schwante gekommen wie der Reichskanzler Gustav Stresemann. In Schwante fanden Verhandlungen für einen Reichsbankpräsidenten-Nachfolger statt, auch die Einführung der Rentenmark ist im November 1923 wohl auf dem Schloss von Hjalmar Schacht vorgeschlagen worden. Viel Material zu Litwin bekam Kley von Manuela Vehma vom Kreismuseum.
Nach 1925 gehörte das Haus einem Diplomaten, im Dritten Reich fanden dort Fahnenweihen statt, nach dem Krieg war im Schloss ein Krankenhaus untergebracht, die Leitung der Pionierleiterschule sowie eine Kinderkrippe.

Gerd Kley ist dabei, alles das zusammenzufassen. Die Broschüre soll im April erscheinen. „Ich habe aber viel mehr Material als wir dort verwenden können“, sagt der Schwantener. Die viele Arbeit will er aber nicht umsonst gemacht haben. Deshalb sind weitere Veröffentlichungen sowie Vorträge zur Dorfgeschichte geplant.


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