Nikolaus bei Nikolai

Für mich ist die Wende 1989 in der DDR nach wie vor das einschneidendste, prägendste und lebensrichtungsweisenste Ereignis meines Lebens. Einer der Ausgangspunkte der friedlichen Revolution war die Nikolaikirche in Leipzig.
Dort fanden schon 1982 Friedensgebete statt, im Herbst 1989 dann verstärkt, die auch durch die Stasi nicht verhindert werden konnten. Von dort aus starteten auch die berühmten Monstagsdemos.

Der Nikolaustag 2013. Es ist ein kalter, windiger Nachmittag, wegen des Sturmtief Xaver öffnet der Weihnachtsmarkt erst am frühen Abend. Wir wollen uns die Kirche ansehen und werden gleich von einem Spalier empfangen. Gleich findet dort ein Nikolausgebet für Kinder statt.
Eine ganze Gruppe von Kitakindern wartet darauf, dass es losgeht. Wir Erwachsenen bekommen 1-Euro-Schokotaler, die sollen später noch eine Rolle spielen.
Schon ist klar: Das ist kein normaler Gottesdienst.

Ist es auch nicht gewesen. Wir singen ein Nikolauslied, das ich nicht kenne. Dann beginnt ein sogenanntes Anspiel. Gezeigt wird die Geschichte des heiligen Nikolaus, der gegen die Armut in seiner kleinen Stadt kämpft. Die Kinder machen mit und rufen „Wir haben Hunger!“ Es tauchen Piraten auf, die ihnen Böses wollen, aber der mutige Nikolaus stellt sich ihnen entgegen. Die Erwachsenen kommen ins Spiel, als die Stadtbevölkerung ihr letztes Geld für Nahrung spendet (unsere 1-Euro-Schokotaler).
„Lasst uns froh und munter sein“, singen wir dann noch.

Die Kinder wuseln dabei die ganze Zeit für den Kirchengang, so richtig ruhig ist es nie, und das macht großen Spaß, dem munteren Treiben zuzusehen. Am Ende gibt es sogar Applaus, was in der Kirche ja besonders ungewöhnlich ist.
Als ich den Kindern so zusehe, erinnere ich mich daran, wie besonders und wie aufregend der Nikolaustag als Kind war. Abends Stiefel putzen, morgens die Geschenke raussuchen. Im Kindergarten roch es anders als sonst, es gab Schokoladen, kleine Tannenzweige, eine Orange (wenn es denn welche gab). Viel ist davon heute leider nicht mehr übrig. Schade eigentlich.


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Kommentare

Eine Antwort zu „Nikolaus bei Nikolai“

  1. DanielRe

    Cool!

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