Ein Stück Familie weggerissen

Fünf Tage Schweden, und danach ist in der Heimat nichts mehr so, wie es war.
Als ich am Sonnabend das erste Mal wieder zu Hause, in meinem Elternhaus, war, gab es gleich mal einen Schock: Das kleine Haus auf dem Nachbargrundstück – es ist weg. einfach weg. Mehr als ein Loch im Sand ist nicht übrig geblieben.

Es war nicht irgendein Haus. Darin lebte bis wenige Jahre vor ihrem Tod 2010 meine Großtante. Als Kind bin ich dort ein- und ausgegangen.
Mit ihr, meiner Oma und den Nachbarinnen gab’s dort viele Spielenachmittage. Oft habe ich aus der Zeitung vorgelesen, und natürlich bekam ich dort auch ein lecker Mittagessen, wenn es mal zu Hause nichts gab oder es zu wenig war oder ich einfach trotzdem noch Appetit hatte.
Ich werde mich an die zwei Stufen erinnern, die in ihren Flur führten. rechts vom Flur war das Badezimmer, in dem es zu Ostzeiten immer recht kühl war. Geradeaus ging’s in die Küche mit dem uralten Küchenschrank. Links vom Flur war das Wohnzimmer, da saßen wir alle immer rund um den Tisch. An drei Seiten standen Stühle, an der Wand stand das Sofa. Vom Wohnzimmer ging rechts das Schlafzimmer ab, gerade war die Veranda.

Ein fester Familientermin war der 30. August, ihr Geburtstag. Da versammelten wir uns in ihrem Haus oder im Garten. Sie machte ihren Kartoffelsalat, dazu gab’s Würstchen, Brot und Aufschnitt.

Ich kenne mein Viertel nicht ohne dieses Haus. Vergangene Woche kam der Bagger, er brauchte zwei Tage, um das Häuschen wegzureißen. Und mit ihm die Wiese, den Gartenweg, alles. Nun ist das Grundstück nebenan leer. Der neue Besitzer will dort ein neues Haus bauen.
Es fehlt etwas. Ein Stück Familie ist wieder Geschichte.


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