Dem Schnösel passt das nicht

Wenn es im Tipi am Kanzleramt in Berlin so richtig voll ist, dann ist es an einigen Stellen auch richtig eng. An den kleinen Tischchen stehen gern mal fünf oder sechs Stühle. Da hat es der Gast nicht immer einfach.
Einem jungen Schnösel, der am Freitagabend mit seiner Freundin ins Tipi kam, um sich die Puppenimproshow „Pfoten hoch!“ anzusehen, ist das sehr sauer aufgestoßen.

Er ist vielleicht um die 30, schwarzer Smoking, weißes Hemd drunter, seine Freundin trottet hinter ihm her. Die Platzanweiserin weist den beiden zwei Stühle zu. Sie sind schon recht spät, das Tipi ist gut gefüllt.
Die beiden müssen hintereinander sitzen, es ist relativ eng. Der Typ hat sich noch nicht mal hingesetzt, da beginnt er schon, herumzuzetern. Das könne ja nicht wahr sein, dass sie hier so beschissene Plätze haben.
Er dreht sich den Stuhl zu seiner Freundin und setzt sich mit dem Rücken zur Bühne. Es sei ja eine Unverschämtheit, wie sie hier platziert worden seien. Seine Freundin sagt nichts, ihr scheint das egal zu sein. Bis er sie fragt: „Siehst du überhaupt was?“ Sie zuckt nur mit den Schultern und sagt dann, dass sie gut sehe. Ihr Freund sieht das anders. Da habe er alle Hebel in Bewegung gesetzt, viel Geld gezahlt (zwischendurch faselte er noch was von Freikarten – vielleicht haben sie die Tickets auch von der Mama geschenkt bekommen), und dann diese miesen Plätze. Da sitze man ja bei der SPD besser (was immer er damit meinte). Er müsse sich beschweren.

Und tatsächlich: Der Typ holte sein Handy raus und begann, eine E-Mail ans Tipi zu schreiben.
Der Freundin war das alles ziemlich peinlich. Als ihr Macker weiterseierte, sagte sie: „Dreh dich um, ich will dein Gesicht nicht mehr sehen.“ Er: „Stört dich das hier alles nicht?“ Sie antwortet nicht.
Er scheint seine E-Mail ans Tipi tatsächlich abzuschicken. Einen besseren Platz bekommt er dadurch aber nicht, aber vielleicht geht es ihm ja jetzt besser.


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