Gefangen in Oranienburg

Es passierte am Montagnachmittag. Ein Elfjähriger war im Regionalexpress 5 von Berlin-Gesundbrunnen nach Oranienburg unterwegs. Ohne Fahrkarte. Und ohne Geld. Und angeblich ohne Telefonnummer der Mutter. Und ohne eine Ahnung, wo genau er eigentlich hinwollte. Aber mit Schülerausweis. Leider ohne gültige Adresse.
Seltsame Geschichte.

Zwischen Gesundbrunnen und Oranienburg wurde der Junge vom Schaffner kontrolliert. Wie Sprecher von Bahn und Bahnpolizei sagen, sei man im Zug in Sachen Recherche nicht weitergekommen. Der Elfjährige musste in Oranienburg den RE5 verlassen – aber nicht allein. Ein Mitarbeiter der Bahnpolizei brachte ihn in die dortige Dienststelle am Bahnhof. Dort wurde er betreut, er bekam eine Cola und einen Burger. Es ging ihm gut.

Die Mutter machte sich Sorgen – und begann zu twittern. „unfassbar!!! mein 11 jaehriger sohn wurde aus der regionalbahn geworfen, ALLEIN, weil er kein fahrgeld dabei hatte!“, schrieb sie wütend.
Sie sieht die Sache natürlich ganz anders. Sie sagt, der Junge habe eine Berlin-Monatskarte, ihm fehlte ein Anschlussfahrschein. Nur leider gilt die Berlinkarte nicht für den RE5 ab Gesundbrunnen, weil er da Berlin schon verlässt. Der Junge ist also tatsächlich schwarzgefahren.
Die Mutter habe per Telefon angeboten, das Kind in Fürstenberg abzuholen und dann zu zahlen. Aber wieso sollte sich die Bahn derart um Schwarzfahrer kümmern, wenn sie doch in guter Obhut sind?
Die Mutter regte sich außerdem darüber auf, dass 40 Euro Strafe fällig seien, obwohl die Bahn ihr Kind ja gar nicht befördet habe. Doch, liebe Mama – bis Oranienburg. Und zwar schwarz.

Was wäre denn gewesen, wenn der Junge wirklich ausgerissen wäre? Dann wäre Mama bestimmt froh gewesen, wenn ihn die Bahn nicht weiterbefördert hätte – oder wenn ihm jemand im Zug das Geld zugesteckt hätte, wie sie sich das laut Twitter gewünscht hätte.
So war sie ziemlich genervt, dass sie von Fürstenberg nach Oranienburg fahren musste, um ihren Liebling abzuholen.

Der Elfjährige ist vom Vater aus Berlin gekommen, um zur Mutter und dem Stiefvater nach Fürstenberg zu fahren. Stellt sich die Frage: Was ist das für ein Typ, der seinen Jungen ohne Fahrkarte und ohne Geld und ohne Zettel in den Zug setzt? Warum hatte der Junge keinen blassen Schimmer? Mit Elf ist man doch auch nicht ganz doof. Warum hat der Junge zwar ein Handy, aber nicht die Nummer der Mama?

Wieder so ein Fall, in dem die Mutter eines „Opferkindes“ ein großes Gewese macht, aber sich offenbar nicht fragt, was denn eventuell bei ihr und der Familie schiefgelaufen sein könnte.
Sie kann froh sein, dass sich die Bahnleute so verhalten haben, wie sie es getan haben. Und der Elfjährige ist hoffentlich nicht auf die Bahn sauer, sondern auf seine Eltern. Wenn er clever ist.


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