Das war 2011!

Beim ZDF ist eine Stelle frei. Thomas Gottschalk will nicht mehr das große Showflaggschiff „Wetten, dass…?“ moderieren und es stattdessen lieber mit einer neuen Vorabendsendung im Ersten versuchen. Aber wer könnte Gottschalk im ZDF beerben? Jörg Pilawa winkt ab, Hape Kerkeling fühlt sich geschmeichelt, sagt aber nichts erstmal nichts. Das Thema mutiert 2011 zur Dauernachricht.

Das Medienjahr 2011 bringt wenige Innovationen, ein paar Perlen, viel Schrott und diverse Skandale.
Der MDR versinkt im Filz. Der ehemalige Unterhaltungschef Udo Foht sorgt mit dubiosen Geldgeschäften für Aufsehen, der (ja, auch ehemalige) Intendant Udo Reiter wusste wohl Bescheid, und auch beim Ki.Ka verschwindet irgendwie Geld. Es geht um viele Millionen Euro.
Zu einem Skandal wird auch der Rauswurf von Ken Jebsen beim rbb-Jugendradiosender Fritz. Nach einer wirren E-Mail an einen Hörer, in der der Moderator missverständlich und in bedenklich miesem Deutsch über den Holocaust schreibt, fällt beim rbb auf, dass Jebsen in seiner Sendung „Ken.FM“ Dinge erzählt, die man beim rbb irgendwie so gar nicht lustig findet. Die Show wird abgesetzt.

Abgesetzt ist auch der Spielesender 9Live. Die gute Medien-Nachricht des Jahres. Die Zuschauer scheinen die Glücksspiele durchschaut und immer seltener angerufen zu haben. Am 31. Mai endet der Livebetrieb. Die Abzocke hat ein Ende. Am 9. August kommt das endgültige Aus für 9Live. Moderator Jürgen Milski treibt seine Spielchen nun beim „Sportquiz“ bei Sport1.
Auch für Johannes B. Kerner kommt das Aus. Seine Talkshow „Kerner“ bei Sat.1 wollte kaum jemand sehen. Und angeblich soll er der neue Moderator von „Wetten, dass…?“ werden. Munkelt man.
Das Erste schließt nach mehr als 4000 Folgen den „Marienhof“, und das ZDF beendet vorzeitig seine Telenovela „Lena – Liebe meines Lebens“. Ein schwerer Fehler, denn „Herzflimmern“ hat auf dem Sendeplatz am Nachmittag noch schlechtere Quoten.

Katharina Saalfrank will nicht mehr die „Super-Nanny“ sein. das Konzept der RTL-Dokureihe sei ausgereizt. Und angeblich hatte sie keine Lust mehr auf die Einflussnahme bei RTL. Aber ein Drehbuch habe es bei der „Super-Nanny“ nie gegeben, sagt Saalfrank. Man möchte dieser Frau irgendwie nicht glauben. Nicht nach den Berichten im Medienmagazin „Fernsehkritik-TV“ über eine Familie, die beim Dreh machen musste, was das Team wollte. Der Tiefpunkt ist ein Verdacht, dass ein Hund getötet wurde, um das Geschehen noch spannender zu machen.
Auch die Dokureihe „Schwer verliebt“ kommt ins Gerede. Auch bei der Sat.1-Kuppelshow soll alles nach Drehbuch gehen. Wer mit den Verträgen an die Öffentlichkeit geht, dem werden hohe Strafen angedroht.
Die Moderatorin Vera Int-Veen ist im Rohmaterial ihrer RTL-Reihe „Mietprellern auf der Spur“ dabei zu sehen, wie sie einen Behinderten jagt und sich darüber lustig macht.
Die Liste der Vorwürfe für Dokureihen ist lang. Dass die allermeisten mit Drehbuch arbeiten, dass „Familien im Brennpunkt“ und Co. nicht das wahre Leben zeigen, wissen erschreckend wenige Leute.

Und was gibt es Neues in Sachen Gottschalk-Nachfolge? Barbara Schöneberger sagt mal schnell ab, obwohl sie keiner gefragt hat. Anke Engelke will auch nicht. Markus Lanz meint, er könne das nicht. Und Hape Kerkeling? Sagt immer noch nichts.

Thomas Gottschalk ist in diesem Jahr nicht der einzige, der die Seiten wechselt. Harald Schmidt verlässt das Erste und kehrt mit seiner Late-Night-Show zu Sat.1 zurück – mit desaströsen Quoten. Bislang hält Sat.1 aber durch. Matthias Opdenhövel moderiert nicht mehr die ProSieben-Events und sagt stattdessen Sportberichte im Ersten an. Er findet, dass sei ein Aufstieg. Oliver Pocher geht mit seiner Late-Night-Show baden. Jetzt hat er Zeit, sich um seine inzwischen drei Kinder zu sorgen – und seriös zu werden: Auf Sky Sport moderiert er die Fußballshow „Samstag live“. Günther Jauch ist nicht mehr nur an RTL gebunden. Im Ersten moderiert er sonntags eine Polittalkshow mit seinem Namen.

Und das ist nur der Anfang für einen Umbruch bei der ARD. Für Jauch schmeißt das Erste das komplette Programm um. Wir brauchen sie nicht, trotzdem sind nun fünf Talkrunden pro Woche auf Sendung. Frank Plasbergs „Hart aber fair“ ist nun immer öfter entsetzlich weichgespült, und „Beckmann“ ächtzt am Donnerstag über miese Quoten.
Beim ZDF ist man da schon innovativer. Mit den neuen Digitalkanälen zdf.kultur und zdf info geht das Zweite auf die Jagd nach jungen Zuschauern – und zeigt plötzlich, dass es doch noch geht: junges Programm von und für junge Leute. Kurt Beck ist nicht mehr jung – deshalb findet der Politiker auch blöd und fordert deren Abschaltung.

Fast wären übrigens ProSieben und Sat.1 abgeschaltet worden – allerdings nicht durch Kurt Beck, sondern durch ein Feuer in der Sendezentrale. ProSieben musste „Die Alm“ zweimal hintereinander setzen.
Mehrere Stromausfälle sorgen beim ZDF für Blackouts. Aber ein Schwarzbild kann ja auch ganz schön sein.

Auch der Zeitungsmarkt ist im Umbruch, zumindest der regionale. Zum Jahresbeginn wird bekannt, dass die Ippen-Verlagsgruppe den Märkischen Zeitungsverlag abgestoßen hat. Zu ihm gehören u.a. der Oranienburger Generalanzeiger. Neuer Besitzer ist die Märkische Oderzeitung, die somit nun ein Konkurrent der Märkischen Allgemeinen ist. Auch die hat einen neuen Besitzer. Im November gibt die F.A.Z. bekannt, das Blatt nach 20 Jahren zu verkaufen – an den Madsack-Verlag aus Hannover.
Ein Ende mit Schrecken erlebt in Großbritannien die „News of the World“. Nach einem Abhörskandal stampft Rupert murdoch das Blatt ein.

Unterdessen suchen wir immer noch einen „Wetten, dass…?“-Moderator. Stefan Raab hat keine Zeit. Matthias Opdenhövel auch nicht. Und Kerkeling? Ähm, mal gucken.

Man kann jedenfalls nicht sagen, dass die großen Fernsehshows ausgestorben sind. Als der „Eurovision Song Contest 2011“ in Düsseldorf stattfand, haben wir gezeigt, dass wir die große Show drauf haben. Das Dreiergespann Raab-Engelke-Rakers sorgte für grandiose Unterhaltung. Die Bühne war der pure Größenwahn, aber: wow! Und Lena… na ja, ein zehnter Platz ist nach dem Sieg 2010 völlig okay, und ihr „Taken by a Stranger“ ein toller Song.
Hat eigentlich Peer Kusmagk eine CD aufgenommen? Er wurde nämlich in diesem Jahr Dschungelkönig. Und womit? Mit Recht. „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ ist zu einem Massenphänomen geworden. Auch dank dem irren Jay Khan, der wahnsinnigen Sarah Dingens, äh Knappik und dem wirren Matthieu Carriere.
Bei RTL II dachten sie auch, das Publikum wartet auf ihre Shows. Aber peinliche Hypnose-Outings und Bibel-Hokuspokus sind nicht sehenswert, sondern haarsträubend doof.
Das ist auch ein gutes Stichwort für „Das Hochzeitsschiff“ im Ersten. Die Kreuzfahrtschiff-PR-Sause war mehr ein Reisekitschfilm als ein Quiz. Und spannend schon gar nicht.

Spannend ist die Nachfolge-Debatte um Thomas Gottschalk schon lange nicht mehr. Günther Jauch schüttelt den Kopf, und Hape… na ja, lassen wir das.

Viele Promis haben uns 2011 verlassen. Der große Loriot ist gestorben, ebenso der Entertainer Peter Alexander. Johannes Heesters starb Heiligabend – mit 108. Auch die Schauspieler Walter Giller, Heinz Bennent, Friedrich Schoenfelder, Rosel Zech, Bubba Smith („Hightower“), Heinz Reincke, Witta Pohl, Wolfgang Spier, Elizabeth Taylor, Dieter Mues und Peter Falk spielen nie wieder. Die Sängerin Amy Winehouse soff sich zu Tode, Bernd Clüver verstummte ebenfalls. Der Produzent Bernd Eichinger hinterlässt ein großes Loch. Der Medienunternehmer Leo Kirch ist tot. Gunter Sachs brachte sich um. Christa Wolf schreibt nicht mehr, der Journalist Eberhard Piltz ebenfalls nicht. Den Boulevard haben „Sexy Cora“ und Günter Ludolf verlassen. Von Technikgott Steve Jobs bleiben iPods, iPhones und Co.

Zwei Promis sind dagegen in die Öffentlichkeit zurückgekehrt. Die ehemalige ARD-Sportmoderatorin Monica Lierhaus trat überraschend bei der „Goldenen Kamera“ auf. Nach ihrem Schlaganfall ist sie noch nicht ganz gesund, aber sie wollte diesen Schritt machen.
Auch mehrjähriger Fernsehpause war Gaby Köster zu Gast in der RTL-Sendung „stern TV“. Auch sie erlitt einen Schlaganfall, will nun nach und nach wieder im Fernsehen aktiv sein.

Und was war sonst los? Der Rapper Bushido bekommt den Bambi – für Integration. Das finden viele, nun ja, seltsam.
Jörg Kachelmann soll eine Frau vergewaltigt haben und wird mangels Beweisen freigesprochen. Es ist der Medienprozess des Jahres.
Der CSU-Politiker Karl-Theodor zu Guttenberg hat seine Doktorarbeit… sagen wir mal… zusammenkopiert. Im Internet kommt alles raus.
Charlotte Roche hat man wieder ein Igitt-und-Bäh-Buch geschrieben und darf sich in diversen talkshows anhören, dass das ja alles Igitt und Bäh ist. Wie sie sich wieder mal alle aufgeplustert haben…

Ach ja, es gab natürlich auch noch mehr gutes Fernsehen. Die Comedyserie „Taras Welten“ zum Beispiel. Nur leider hatte das Erste keinen anderen Sendeplatz als in der Nacht zu Freitag um 3 Uhr. Blöde Sache, das.

Und, jetzt, kurz bevor alles vorbei ist, erfahren wir auch, wer „Wetten, dass…?“ nun moderieren wird: Hape Kerkeling äußert sich endlich. Und er sagt: nein.
Dann muss das Ende der Nachfolgerdebatte wohl doch auf 2012 verschoben werden. Alles wieder offen.

Kommentare

2 Antworten zu „Das war 2011!“

  1. ThomasS

    Zur Abschiedssendung Gottschallks war ja sogar dessen vormaliger Nachfolger Wolfgang Lippert präsent. Und Gottschalk hat sich nicht mal entblödet, Herrn Lippert seine Nachfolge vor laufender Live-Kamera jetzt wie sauer Bier anzupreisen.

    Irgendwie kann ich nicht umin, Herrn Lippert für seine Selbstbeherrschung zu bewundern. Andere hätten an dessen Stelle auf dieses Angebot – ebenfalls vor laufender Live-Kamera – mit einem ausgestreckten Mittelfinger reagiert. Immerhin hatten wir schon mal die Situation, dass Gottschalk anscheinend nicht mehr wollte. Aber nachdem Lippert es dann versucht hatte und gescheitert war, war dann aber auch überraschend schnell Gottschalk wieder zur Stelle und hat anschließend noch über 10 Jahre fröhlich weitermoderiert. Jetzt will Gottschalk offenbar wirklich nicht mehr. Aber dann nochmal den Lippert zu fragen … das verdient eigentlich schon fast mehr als nen Stinkefinger.

    Eigentlich gönne ich „Wetten Dass“ fast, dass es nächstes Mal von Johannes B. Kerner moderiert wird, der ja nach seiner Privatsender-Pleite quasi arbeitslos und somit wohl buchbar ist. Wenn Kerner dann scheitert wie zuvor Lippert, kommt ja vielleicht doch wieder Gottschalk nochmal zurück, wie schon das letzte Mal. Der muss dann aber wirklich auch weiter moderieren, bis er irgendwann tot umfällt. Am besten während einer „Wetten dass“ Show.

  2. RT

    Ach na ja, am Ende hat Gottschalk ja jedem seinen Job angeboten. Würde ich alles nicht so verbissen sehen. Damals ging Gottschalk übrigens zu RTL, als er beim ZDF aufhörte. Ich glaube, diesmal wird er aber wirklich nicht zurückkehren, falls es mit wem auch immer schiegeht.

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