Die Berliner haben viel mehr Geduld als man denkt

Die Berliner sind aufbrausend? Mitnichten. Stoisch fügen sie sich in ihre Situation und ertragen sie nahezu kommentarlos. Zumindest in Charlottenburg.

In der Uhlandstraße versperrt ein Laster die komplette Fahrbahn. Der Lieferant lässt sich Zeit, viel Zeit.
Dahinter bildet sich ein Stau. Hupt jemand? Schreit jemand? Nein, nichts. Es ist ein ruhiger Stau, der sich da gebildet hat. Alle haben ihre Motoren abgestellt. Eine Frau steht neben ihrem Auto und raucht.
Minuten später fährt der Laster los, und es dauert eine Weile, bis auch die anderen wieder den Motor starten und hinterher fahren.

Eine Querstraße weiter, in der Fasanenstraße. Vor einem Currywurst-Imbissladen läuft ein Mann zu seinem Auto. Der Parkplatz ist durch einen Lieferwagen blockiert. Der Mann kommt nicht weg.
Er steht kurz an seinem Auto, steigt ein. Er telefoniert. Oder er tut so, als ob er telefoniert. Dann ist er fertig. Kurz blickt er sich um. Macht aber nichts. Er bleibt einfach sitzen. Hupt nicht. Schreit nicht.
Gut fünf Minuten harrt er so aus. Und das hätte er wohl auch noch länger getan. Wenn nicht eine Gruppe Männer auf ihn aufmerksam geworden wären. Sie sitzen an jenem Currywurst-Imbiss. Sie winken dem Mann im Auto zu. Ihnen gehört der Lieferwagen, der den Parkplatz blockiert.
Einer der Männer steht auf und fährt den Wagen ein Stück zurück. Und die anderen wundern sich, dass der Autofahrer so gar keine Anstalten gemacht hat, sich bemerkbar zu machen. Vielleicht hatte er auch einfach ganz viel Zeit.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert