Die Entbehrlichen

Berlin erblüht. Die Menschen sind gut drauf. Sind fröhlich.
Na ja, nicht alle. Es gibt auch „Die Entbehrlichen“. Bei denen läuft gar nichts. Sie sind frustriert. Arbeitslos. Trinken zu viel. Viel zu viel. Sie führen ein trostloses Leben. Sie streiten sich. Schlagen sich. Und geraten in einen reißenden Abwärtsstrudel. Und irgendwann geht es nicht mehr. Irgendwann geht gar nichts mehr.
Andreas Arnstedt erzählt eine erschütternde Geschichte. Eine, die unruhig macht, die wütend macht. Und hilflos.

Papa wacht nicht mehr auf. Er liegt einfach da, im Wohnzimmer. Er atmet nicht mehr. Papa ist tot. Und Jakob (Oskar Bökelmann) kann es einfach nicht glauben. Nein, Papa wacht doch bestimmt gleich wieder auf. Oder morgen. Jakob kann warten. Und er erinnert sich zurück. An die gemeinsamen Abende mit seinen Eltern. Papa Jürgen (André Hennicke) zofft sich permanent mit Mama Silke (Steffi Kühnert), schlägt sie. Und schlägt auch Jakob. Und Silke ist nicht viel besser. Sie hat Angst, ist genervt und überfordert. Die Situation eskaliert.

Die dramatische und traurige Geschichte von Jakob beruht auf wahren Ereignissen. „Die Entbehrlichen“ zeigt uns eine Seite des wahren Lebens, das sich sogar die dummen Dokusoaps der Privaten nicht zu zeigen wagen. Arbeitslose, prügelnde Säufer. Alkoholiker, die sich das Zeug auch bei aller Geldnot in den Kopf schüttet. Andreas Arnstedt zeigt aber auch die andere Seite – die reichen Familien, die Arroganten, die von oben herab auf „die da unten“ schauen, und in Wirklichkeit aber selbst mit ihrem Leben nicht klarkommen.
Das sind lauter Klischees, die Extreme auf beiden Seiten. Aber sicherlich nicht aus der Luft gegriffen. Hinzu kommt die Hilflosigkeit der Helfer. Ärzte, die einem Kind ins Gesicht sagen, dass Mama weggehen will, dass Mama nichts mehr mit dem Kind zu tun haben will. Und niemand kümmert sich um Jakob, nur eine Lehrerin hakt nach, als es aber schon zu spät ist. Und Jürgens Mutter Rosi (Ingeborg Westphal) sieht auch weg, weil sie es in ihrem Leben wohl nicht viel besser macht.
„Die Entbehrlichen“ ist ein deprimierender Film. Abgesehen davon aber zeigt der junge Oskar Bökelmann eine tolle Schauspielleistung. Die Angst von Jakob, ins Heim zu müssen, wenn der tote Vater entdeckt würde, bringt er erschütternd gut rüber.
Der Absturz einer Familie, einer Generation und eines Teils von Berlin. Das lässt einen so schnell nicht mehr los.
Jürgen lag ein paar Tage tot in der Wohnung. In Potsdam wurde neulich ein Mann gefunden, der vier Monate lang leblos im Wohnzimmer lag. Das ist dann wohl das wahre Leben.

9/10


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