Auf dem Müllberg

Ein Kollege stellt seit einiger Zeit in seinem Blog geheime Orte in Berlin vor. Neulich war ich an so einem geheimen Ort. Ich kannte ihn jedenfalls vorher noch nicht.

Da, wo Berlin gar keine Großstadt mehr ist, sondern ein Dorf, da ist Lübars – ganz im Norden, darüber liegt schon Schildow in Oberhavel. Eine schmale Kopfsteinpflasterstraße führt durch den Ort. Eine Kurve noch und noch eine, dann führt die Quickborner Straße in Richtung Märkisches Viertel. Die – nun ja, hässlichen Hochhäuser haben wir damals, vor der Wende, schon immer immer von Rosental aus gesehen.
Kurz vor dem MV fährt die Straße durchs freie Feld. Und auf der linken Seite erhebt sich plötzlich ein Berg. Als es hieß, wo wir hinfahren würden, war ich irritiert: zum Müllberg. Der Müllberg ist seit einigen Jahren eines der Ausflugsziele in Berlins Norden. Bis 1993 war das Gelände tatsächlich eine Hausmülldeponie. Erst seit dem vergangenen Frühjahr hat der Müllberg einen richtigen Namen: Lübarser Höhe.

Ein Weg führt im Zick-zack auf den 85,3 Meter hohen Berg. Die Sonne war gerade dabei, unterzugehen, irgendwo im Feld neben den MV-Hochhäusern.
Eine Idylle. Die Lübarser Höhe ist ein Ort zum Spazierengehen, Drachen steigen lassen, und im Winter ist dort eine lange Rodelbahn. Man kann aber auch einfach nur gucken. Vom Berg aus reicht der Blick bis nach Berlin-Mitte. Der Fernsehturm ist zu sehen, das Rote Rathaus, die Synagoge und vieles mehr. Vorn ist das Märkische Viertel, auf der anderen Seite Lübars und Blankenfelde. Die Einflugschneise von Berlin-Tegel führt an der Höhe vorbei. Zu Stoßzeiten sind drei bis vier Flieger hintereinander zu sehen, die auf den Flughafen zusteuern.
Und während vorn die Sonne untergeht, erscheint hinten der Mond. Hach, wie romantisch.

Der Hunger trieb uns dann ins Märkische Viertel. In einer Einkaufspassage am Wilhelmsruher Damm beehrten wie einen Asia-Imbiss. Wir bestellten unser Essen und schauten ein bisschen Fußball auf dem großen Fernseher. Das Essen brachte dann eine Frau, die irgendwie aussah, als würde sie dort eigentlich putzen. Bedient hatte uns vorher noch ein nette, junge Asiatin. Jetzt fiel uns aber auf, dass die meisten Leute hinterm Tresen alles andere als asiatisch aussehen. Die Frau und ihr Mann, der wohl auch dort arbeitete, setzten sich an den Tisch hinter uns. Der Mann breitbeinig, die Frau gelangweilt – und sie sahen Fußball. Machten eher den Eindruck, als würden sie eine Prollkneipe besitzen und nicht in einem Asia-Imbiss arbeiten.

Rückfahrt. Wieder durchs Dorf, wieder durch Lübars. Weiter die Blankenfelder Chaussee an diversen Kolonien entlang. Und wer glaubt, dass es in Berlin, in der Großstadt Berlin, keine Landluft gibt, keinen Gestank vom Felde, der sollte die Strecke zwischen Alt-Lübars und Blankenfelde entlang fahren. Mmmhhmm!
Berlin ist eben doch ein Dorf.


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Kommentare

4 Antworten zu „Auf dem Müllberg“

  1. Felix

    Klar, den Berg kennt man, den sieht man immer vom Regional Express aus!

  2. RT

    Echt? Muss ich mal drauf achten. Gibt ja neben diesem Berg noch einen, der noch heute ein Müllberg ist.

  3. Felix

    Achso, das kann der natürlich auch sein.

  4. RT

    Der Lübarser Höhe sieht man ihr ehemaliges Müllberg-Dasein ja nicht mehr an.

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