Die Stadt in der Alb

Am Morgen in Albstadt. Ich blicke auf die Berge, und heute sind diese Berge sogar ganz gut zu sehen. Das soll ganz und gar nicht täglich der Fall sein.

Albstadt an sich gibt es gar nicht. Albstadt heißt nur das Gebilde, das aus mehreren Orts- und Stadtteilen besteht, das in den 70er-Jahren zu einer Stadt zusammengeschlossen ist. Es liegt in Baden-Württemberg auf dem halben Weg zwischen Stuttgart und dem Bodensee.
Einen Ort, der Albstadt heißt, findet man also nicht auf der Landkarte. Ich bin zum Beispiel gerade in Ebingen.
So ähnlich ist es mit Oberkrämer in Oberhavel. Oberkrämer heißt das große Ganze, direkt einen Ort, der so heißt, gibt es nicht. Ebenso Diemelstadt in Hessen. Den Namen hat sich auch irgendwer einfallen lassen, als die dortigen Orte zusammengefasst wurden.

Aber auch Ebingen ist ein seltsamer Ort. Überall, wo noch Platz war, wurden einst Gebäude erreichtet. Ein System ist dabei nicht zu erkennen. Dementsprechend verlaufen die Wege kreuz und quer. Immer wieder tauchen völlig überraschend Treppen und Parkplätze auf. In Sachen Schönheit würde Ebingen wohl keinen Preis bekommen.
Die Stadt ist viel mehr ein Sammelsurium von Häusern, hässlichen Blöcken, Einkaufszentren und Ladenstraßen. Ein Blick auf „Google Maps“ lohnt sich, denn ein Straßensystem ist ebenfalls nicht zu erkennen.
1944, im Zweiten Weltkrieg, wurde auch Ebingen von einem Bombenangriff erschüttert, danach scheint alles eher funktionell wider aufgebaut worden zu sein. Es gibt wenig Grün in der Stadt, keinen Park, keinen Fluss oder See. Wenig Lebens- und Liebenswertes. Bis auf einen kleinen Marktplatz, an dem viele Fachwerkhäuser stehen, der jedoch durch einen hässlichen Hausklotz am Rande verschandelt ist.
Sehenswert ist dagegen das Gebiet rund um den Stadtgraben: Enge Gassen, alte Häuser – es wirkt wie irgendwo in Spanien oder Italien.

Wer raus will aus Albstadt – der braucht lange. Schon bis Stuttgart dauert’s eine Weile. Die Kreisstadt Balingen ist 20 Minuten entfernt, aber auch nicht sehr groß.

Immerhin gibt es hier zwei Tageszeitungen: Der Zollern-Alb-Kurier hat nach eigenen Angaben die größere Auflage. Das hübschere Layout hat jedoch aus meiner Sicht der Schwarzwälder Bote, der in Albstadt eine von weit mehr als 20 Lokalredaktionen hat. Irritierend ist dabei nur, dass der Zollernalbkreis mit Albstadt gar nicht zum Schwarzwald gehört.

Albstadt und insbesondere Ebingen ist eine Studentenstadt. Die Hochschule Albstadt-Sigmaringen bringt junge Leute in die Stadt. Aber irgendwie zogen die Stadtstrippenzieher keine Vorteile draus. Wenn man Studenten auf ihre Wahlheimat anspricht, werden sie schmallippig. Und ich kann verstehen, warum. Albstadt ist nicht wirklich ein Touristen- oder Wohnmagnet.


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