Sehsüchte 2010: Kann denn Liebe Sünde sein?

Die Liebe. In Filmen ist es eines der großen Themen. Über die Liebe ist niemals genug erzählt. Die „Sehsüchte 2010“, das internationale Studentenfilmfestival in Potsdam, über Liebesbeziehungen, die etwas anders sind. Über Tabus. Über Tabubrüche. Über Arten der Liebe, die von der Gesellschaft abgelehnt sind. Die ein Verbrechen sind. Die betroffen machen. Die nachdenklich stimmen.

Nina
Nina (Marie Herbert) ist ans Bett gefesselt. Sie ist krank. Ihr Bruder (Matthieu Schoesser) pflegt sie. Reibt ihre schweren, großen Wunden mit einem Medikament sein. Ist für sie da. Gibt ihr Liebe, Zärtlichkeit.
So steht es im Begleitheft. Dass die beiden Bruder und Schwester sind, erfährt der Zuschauer ansonsten nur durch eine Einblendung am Anfang des Films. Ansonstend eutet nichts darauf hin. Man sieht einen jungen Mann, der eine junge, sehr kranke Frau pflegt. Das ist anrührend, stimmt aber nicht nachdenklich, ist auch kein Tabubruch. Ganz am Ende, legt sie ihre Hand auf seine, zieht sie an sich hoch.
Möchte Jean-Nicolas Schoesser mit seinem Film mehr sagen, dass ist ihm das nicht gelungen. Wollte er Andeutungen machen, dass die Beziehung aus mehr als Pflege und entsprechende Zärtlichkeit besteht, dann ist das nicht deutlich geworden. Gut in Szene gesetzt, aber eine Sünde ist nicht zu erkennen.
5/10

Geliebt
Zwei Männer leben in einer WG. Sie haben keine Freundin. Sie sind auch kein Paar. Sie sind aber auch nicht solo. Sie haben je einen Hund. Sie lieben ihren Hund. Und haben hin und wieder Sex mit ihren Lieblingen. Sie sagen, sie werden geliebt.
Jan Soldat zeigt in seiner Dokumentation etwas eine andere Liebe. Und lässt viele Fragen aufkommen. Fragen, mit denen sich der Zuschauer nächst selbst beschäftigen muss. Was sind das für Menschen? Pervers? Oder sind sie schlicht arme Würstchen, die lieber Sex mit einem Hund als mit einem Menschen haben? Woher wissen die Männer, dass ihre Hunde ebenso denken?
Jan Soldat zeigt, wie sich der eine Mann nachts ins Bett legt, er ist nackt, streichelt seinen Hund, küsst ihn. Die Zungen treffen sich. Und – Blende.
Starker Tobak – jedoch auch kein Tabubruch. Gesetzlich nicht mal eine Sünde, jedenfalls kein Verbrechen. Dennoch befremdlich, ja, auch widerlich.
Jan Soldat will seine Protagonisten jedoch nicht bloßstellen. Er beobachtet, er versucht zu vermitteln, was die Männer denken. Er versucht nicht, sie zu verstehen. Er lässt verstörte Zuschauer zurück.
7/10

Zwillinge
Daniel und Jan (Tobias und Stefan Schönenberg) sind Zwillinge. Eineinhalb Jahre haben sie sich nicht gesehen. Nun will Daniel seine Freundin heiraten, und Jan steht am Abend seines Junggesellenabschiedes vor seiner Tür. Die beiden verbindet ein Geheimnis. Minuten vor der Hochzeit steigt Daniel zu Jan ins Bett, und es ist nicht das erste Mal.
Eineiige Zwillinge sind schon immer ein Mythos gewesen. Florian Gottschick fand das spannend und hat in Foren herausgefunden, dass ein, wie er sagt, gewisser Prozentanteil von zwillingen, mit denen er sprach, schon mal gemeinsamen Sex hatte. das fand er faszinierend.
Doch sein Film wirkt halbherzig. Gottschick zeigt, wie sich die Jungs gegenüberstehen, wie sie mit Freunden umherziehen. Und ganz am Ende sehen wir, wie sie sich ausziehen und dann wieder anziehen. Und Ende. Doch da wird es doch erst spannend. Was passiert dann? Heiratet Daniel? Was ist das für eine Beziehung? Und was ist das für eine Ehe? Und sind die Jungs glücklich damit (sie sehen nicht so aus)?
Insofern ist Gottschick mit seinem Film gescheitert. Die Bilder sind zwar edel, die Jungs sehen aus wie Models, aber was der Regisseur mit seinem Werk eigentlich sagen will, bleibt völlig im Dunkeln. Tatsächlich sollte aus „Zwillinge“ ein Langfilm werden, musste dann jedoch zu einem 15-Minuten-Kurzfilm umgeschrieben werden. Das hat ihn zerstört.
5/10

##
Eine Schwanger steht vor dem Fenster. Und der Zuschauer ist unruhig. Was passiert gleich? Nächste Szene: Ein Mann und eine Frau. Sie starren sich an. Die Unruhe wächst.
Dann wird die Schwangere überfallen. Brutal. Wir sehen nur noch wackelige Bilder. Und hören: Schreie. Immer wieder Schreie. Dann: ein Messer. Und Blut. Gestöhne. Schwarz.
Wir erfahren im Abspann: Der Frau wurde ihr Kind aus dem Leib geschnitten. Eine grausame Tat, die wirklich so geschah.
Aber „##“ ist nicht mehr als eine Gewaltorgie. Ein Blutporno ohne Rahmenhandlung. Kaum zu ertragen. Auch deshalb, weil die Gewalt in dem Film von Roderick Warich und hannes Bruun so sinnlos wirkt. Warum muss man sich das antun? Irritirend ist zudem der unmotivierte Perspektivwechsel. Plötzlich erleben wir das Grauen nur noch aus der Opferperspektive. Hinzu kommt, dass wir erst im Abspann erfahren, was wir eigentlich gesehen haben.
Ekel und Ratlosigkeit. Die Suche nach dem Sinn. Nein, danke.
2/10

Gesamt: 5/10


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert