Knackpunkt Iran

Politik: Atomwaffenexperte vom Aspen-Institut: Mit der Forderung nach Abrüstung steht Deutschland allein

MAZ, 21.1.2010

POTSDAM
Wenn es dem Iran gelingt, sich Kernwaffen zuzulegen, dann sind alle Diskussionen um eine Abrüstung hinfällig. Das sagte Benjamin Schreer, stellvertretender Leiter des Aspen-Instituts Deutschland, am Dienstagabend. Bei einer Veranstaltung der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung in Potsdam sprach der promovierte Politikwissenschaftler über die Chancen einer atomwaffenfreien Zeit.

Schreer äußerte sich sehr skeptisch, dass die Welt irgendwann ohne Kernwaffen auskommen würde. „Wenn der Iran das Nuklearmaterial hat, dann beginnt ein neues Wettrüsten“, sagte er. „Dann werden alle anderen großen Staaten in der Region nachrüsten.“ Schon jetzt sei die Nervosität in Saudi Arabien, auf der anderen Seite des Persischen Golfs, spürbar.
Die zentrale Frage in dem Zusammenhang sei: „Wie gehen wir mit dem Iran um?“, so Schreer. „Viele Länder haben sich schon innerlich damit abgefunden, dass der Iran die Waffen haben könnte. Sie gehen davon aus, dass allen Seiten klar sein muss, dass der Einsatz der Waffen auch ihnen selbst schadet.“ Werde die Atombombe eingesetzt, hätte das die Auslöschung der betreffenden Länder zur Folge. Aus diesem Grund hält Schreer den Einsatz der Kernwaffen für relativ unwahrscheinlich. Ungeachtet dessen seien aber auch stärkere Sanktionen oder militärische Operationen möglich, erklärte er weiter.

Der Iran bildet nach Ansicht des Experten den Kernpunkt in der Frage, ob sich der Nato-Verbund eine Atomwaffenabrüstung erlauben kann. „Deutschland steht ziemlich allein da mit dieser Forderung“, sagte Schreer mit Blick auf entsprechende Äußerungen von Außenminister Guido Westerwelle (FDP). „Staaten wie die Türkei beobachten die Situation im Iran sehr genau. Auch die Briten oder die Franzosen werden nicht auf Kernwaffen verzichten.“ Viel weitreichender sei die Bedrohung, falls Nuklearmaterial in die Hand von Terroristen gerate. Das Szenario: Ein Flugzeug mit Atommüll könnte über München zerschellen. Die Stadt sei danach nicht mehr bewohnbar. „So etwas ist nicht auszuschließen“, so Schreer. „Aber es ist nicht klar, ob das für die Terroristen sinnvoll wäre, denn die Reaktion käme prompt.“ Dennoch müsse sich die Nato auch auf solchen Nuklarterrorismus einstellen.


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