Ein lässiger Tag bei Türkiyemspor

Soziales: Lindower Jugendliche zu Gast in Berlin

MAZ Neuruppin, 5.10.2009

BERLIN
Ein guter Tag für die Fußballer von Türkiyemspor Berlin, aber auch für zehn Jugendliche aus Lindow. In der Regionalliga traten die Hauptstadt-Kicker am Sonnabend gegen Hannover 96 II an und gewannen mit 2:1. Und die Lindower dabei.
Ein Freundschaftsbesuch – jedoch mit einer Vorgeschichte, die alles anderes als freundschaftlich begann. Ende August gerieten auf einem Parkplatz in Lindow einheimische Jugendliche mit Berliner Nachwuchskickern aneinander. Inzwischen kamen die beiden Gruppen ins Gespräch. Am Sonnabend reisten die Lindower zu Türkiyemspor nach Berlin.

„Wir haben zuerst gemütlich gefrühstückt“, erzählt Sozialarbeiterin Annett Bauer. In einem Café in Kreuzberg setzten sich alle an eine große Tafel – immer ein Lindower neben einen Berliner. „Die Stimmung war lässig und entspannt“, so die Betreuerin. „Es ist ganz gut gelaufen“, bestätigt die 16-jährige Vanessa. „Wir haben uns gegenseitig vorgestellt und erzählt, was wir für Hobbys haben.“ Die Schlägerei in Lindow war kein Thema. „Das ist wohl auch ganz in Ordnung so“, sagt Vanessa. „Es ist nun mal passiert, wir können es nicht mehr ändern.“ Auch Maximilian (17) fand das Treffen „ganz okay“. Nach dem Frühstück in Kreuzberg fuhren alle zum Spiel in den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark nach Prenzlauer Berg.

„Die erste Reaktion auf die Einladung war Abwehr“, erzählt Annett Bauer. „Sie hatten völlig verquere Bilder von den Menschen hier.“ In Lindow gebe es kaum Migranten. „Sie haben einen Mangel an derartigen Erlebnissen.“ Selbst ihre Ferien würden sie meistens im Ort verbringen. Gegenmaßnahmen wären Ausflüge, Freundschaftsspiele, Berlin-Touren. Doch für solche und andere Aktionen fehlt es oft an Geld: „Ich wünsche mir vom Kreistag, dass mehr Mittel freigemacht werden, um den Jugendlichen die Welt zu eröffnen“, sagt Annett Bauer.

Moment mal: Gesprächsbedarf

RT hält das Treffen der Lindower Jugendlichen mit den Berlinern für sinnvoll

Vergeben ist die Schlägerei zwischen Lindower Jugendlichen und Nachwuchsfußballern aus Berlin sicherlich schon. Vergessen aber auf keinen Fall.
Nach dem sehr unschönen Aufeinandertreffen, das Ende August auf einem Parkplatz der kleinen Stadt in eine Schlägerei ausartete, kamen die Lindower Jugendlichen und die Berliner Fußballer bereits mehrmals ins Gespräch. Dabei wurde deutlich: Schuldzuweisungen bringen nichts. Sinnvoller ist, die Gespräche zu nutzen, um einander kennenzulernen und einander besser zu verstehen. Für die jungen Leute aus Lindow ist das eine neue Erfahrung. Denn offenbar war ihnen bisher alles Fremde, alles Auswärtige suspekt.

Am Sonnabend reisten sie nach Berlin zu den Fußballern von Türkiyemspor. Davor hatten sie Bammel. Ihnen war nicht klar, was sie dort erwartet, wie sie dort aufgenommen werden. Aber am Ende verlief der Tag ganz entspannt. Solche Ausflüge und Zusammentreffen mit Jugendlichen aus anderen Regionen und Lebensumständen sind wichtig und sollten unbedingt fortgeführt werden. Wenn sich der Horizont der jungen Leute vom platten Land erweitert, stehen sie allem Fremden nicht mehr so misstrauisch gegenüber. Politiker und Jugendbetreuer sollten alles dafür tun, um das zu ermöglichen.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Kommentare

4 Antworten zu „Ein lässiger Tag bei Türkiyemspor“

  1. Handelte es sich tatsächlich um die konfliktbelasteten Jugendlichen, jene, die einst zuschlugen, die daran teilnahmen oder waren es andere Jugendliche aus Lindow? (Oder ein Mix?)

  2. RT

    Na ja, wer genau zuschlug, wird ja zurzeit noch ermittelt.

    Nachträglich zum Kommentar muss ich übrigens noch anmerken, dass ich natürlich auch und gerade die Eltern in der Pflicht sehe.

  3. Ok. Denkst du nicht, dass du dieses Projekt dann etwas blauäugig oder zumindest vorschnell lobst? Es macht doch einen Unterschied, ob die miteinander verwickelten Personen zu einander kommen oder „Fremdschämer“.

  4. RT

    Es ist die Gruppe, aber nicht jeder in der Gruppe hat zugeschlagen. Viele haben auch nur gepöbelt. Irgendwie beteiligt waren sie aber alle.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert