München (2): Gweißlt

(1) -> 19.1.2009

Wenn ich aus dem Fenster meines Hotelzimmers sehe, blicke ich direkt auf die Nymphenburger Straße, auf den Münchner Rotkreuzplatz. Was den Verkehr angeht, ist es draußen nicht sehr ruhig, durch die Fenster aber gut abgedämpft, also nicht störend. Diverse Banken drumherum, ein Supermarkt und ein McDonalds sowie diverse Gaststätten, Apotheken, Bäcker – eigentlich alles. Hier pulsiert das Leben.
Mein Zimmer ist klein, erfüllt aber sehr gut seinen Zweck. Ein schmaler Raum, nebenan ein kleines Bad, ein Schreibtisch, ein Schrank, ein Bett und (nein, den darf man nicht unterschlagen) ein Flachbildfernseher. Angeblich ist der Raum frisch gweißlt, wie die Frau an der Rezeption meinte, also frisch renoviert. Sauber ist er tatsächlich, aber wohl eher ggelblt.

„Servus“ oder „Grüß Gott“ hört man hier sehr oft. Aber ansonsten ist der bayerische Dialekt in München ziemlich selten zu hören. Gegenüber im Supermarkt sächseln und schwäbeln die Mitarbeiter oder sprechen deutsch-türkisch – aber Bayern sind selten zu finden.

Im reichen Bayern macht nicht alles einen reichen Eindruck. Bei der Bahn ist der Osten sehr viel fortgeschrittener. Rumplige Regionalzüge rattern über Münchens Gleise. Die U-Bahn scheint auch schon einige Jahre auf dem Puckel zu haben. Die Schaffner moderieren hier die fahrt selbst, sagen den nächsten Bahnhof an und im Bahnhof selbst dann schon mal „Bitte jetzt nicht mehr zusteigen“ statt „Zurückbleiben“. Die S-Bahnen dagegen sind, auf den meisten Linien, auf dem neuesten Stand.

Die Innenstadt rund um Karls- und Marienplatz ist gediegen, hier lässt es sich wunderbar spazieren und einkaufen gehen. Der Viktualienmarkt dagegen war eine Enttäuschung, was aber vielleicht auch am leichten Schneefall lag. Auf dem eher kleinen Platz stehen lauter festgebaute Büdchen. Das Angebot aber hat durchaus hohes Niveau: Metzger, Fischgeschäfte, Blumen und mehr.

Eigentlich hielten wir es für einen Spaß. Es war aber keiner. Beim kleinen Italiener um die Ecke hatte der Chef eine Überraschung für uns Männer parat. Wir vier sollten die Zeche für die drei Frauen mitübernehmen. In Italien sei das so üblich. So mussten wir jeder einen 20-Euro-Schein hinlegen. Dass der Wirt damit einen Großteil seines Trinkgeldes verloren hat, scheint ihn nicht gestört zu haben. Er bekam 80 Euro, davon waren gerade mal 1,20 Euro Trinkgeld. Hätte jeder von uns einzeln gezahlt, wäre ganz sicher viel mehr für ihn bei rausgesprungen. Aber Tradition ist Tradition…


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