SO 12.10.2008 | 20.15 Uhr | ZDF
Marcel Reich-Ranicki hat den Ehrenpreis des Deutschen Fernsehpreises abgelehnt. „Ich gehöre nicht in diese Reihe der, heute vielleicht sehr zu recht, Preisgekrönten“, sagte er in seiner Begründung.
Ein Eklat? Oder hat der Deutschlands Literaturkritiker Nummer 1 bloß die Wahrheit gesagt? Ist das Fernsehen in Deutschland wirklich so mies, wie er behauptet?
Ja und nein.
Richtig, die Hauptprogramme werden immer seichter. Die ARD sendet in der Primetime einen Herzschmerzfilm nach dem nächsten, kürzt dafür die Politikmagazine und versendet die Dokus und Reportagen gegen Mitternacht. Das ZDF wird ebenfalls immer boulevardesker. Ein Magazin wie „Frontal 21“ unterscheidet sich oft nicht von den Magazinen der Privatsender. Der Nachmittag wird mit Tierdokus und Soaps vollgeknallt.
Doch es gibt sie, die Programmperlen. Sie sind nicht mal selten im Programm. Heutzutage muss der Zuschauer nur mehr danach suchen. Sich die Schmuckstücke bei arte, 3sat, den Digitalsendern oder eben auch in den Hauptprogrammen zusammensuchen. Man wird fündig.
Und auch heute bei der Preisverleihung sahen wir viel Gutes. Ein Film wie „Contergan“ ist herausragend, die Hartz-4-Doku, die wunderbare Late-Night-Show „Inas Nacht“ und die liebevoll-humorige Serie „Doctor’s Diary“. Das ist gutes Fernsehen.
Wenn man dagegen aber eine RTL-Dokusoap auszeichnet oder „Deutschland sucht den Superstar“, dann müssen kritische Nachfragen erlaubt sein. „DSDS“ ist unterhaltsam, aber auch preiswürdig?
Mit seinem Rundumschlag hat Reich-Ranicki, gerade angesichts vieler Preisträger an diesem Abend unrecht. Grundsätzlich aber hat er einen sehr wunden Punkt angesprochen. Insbesondere ARD und ZDF müssen sich besinnen, müssen sich wieder mehr trauen, müssen auch mal einen Sendeplatz mit seichten Filmen sausen lassen. Mindestens einen.
Was Reich-Ranicki über gutes Fernsehen denkt, werden wir bald sehen. Eine von Gottschalk (der sich als großer Showmaster präsentierte) vorgeschlagene Sendung soll bald umgesetzt werden.
Was war noch? Ach ja, Lafer und Lichter müssen eine dermaßen miese Laudatio gehalten haben, dass das ZDF sie komplett rausgeschnitten hat. Nur den Preis überreichten sie. Kein feiner Zug.
Dass ausgerechnet Eurosport die beste Olympia-Berichterstattung abgeliefert haben soll, ist für ARD und ZDF natürlich ein Schlag ins Gesicht. Eine große Ehre für den kleinen Sender.
Und bitte, lasst diese blöden Kategorien wie „beste Realityshow“ weg – da kann nur Müll rauskommen!
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