Eingeknickt

Er wird bald seine Freundin heiraten. Sowohl kirchlich als auch im Standesamt. Was das Kirchliche angeht, stellt sich jedoch die Frage, wie das ablaufen wird. Denn die beiden wohnen schon zusammen, und das ist in der Gemeinde, der er angehört, nicht gern gesehen. Um nicht zu sagen: Es ist verpönt, verboten.
Letztens sagte er zu mir, dass er darüber sehr enttäuscht sei. Sich dem aber letztlich nicht beugen wolle. Es sei doch albern, jetzt, bis zur Hochzeit, wieder auseinanderzuziehen, nur weil die Gemeinde das so wolle. Und sonst keinen Priester stellt. Er habe sich vorgenommen, nicht einzuknicken. Er habe sich vorgenommen, aus der Gemeinde auszutreten, wenn ihn keiner trauen wolle – trotz gemeinsamen Zusammenlebens vor der Heirat.
Ich fand das toll. Es war mutig. Es war entschlossen. Es war erwachsen.
Aber dann kam doch wieder alles anders. Heute sagte er mir, er wird ab sofort nicht mehr bei seiner Freundin übernachten.
Ich reagierte mit Unverständnis. Er mache das nicht wegen der Gemeinde, sondern wegen Gott. Der würde ihm das verbieten, schon vor der Ehe mit ihr zusammenzuleben. Er habe wohl letztens ein großes Maul gehabt, was die Sache anging.
Ich antwortete sinngemäß, dass er aber so die Gemeinde über die Freundin und auch über Gott stellen würde. Gott wolle so etwas ganz bestimmt nicht. Er habe ganz sicher kein großes Maul gehabt. Wie gesagt: Ich fand es stattdessen mutig und erwachsen.
Ja, ich bin enttäuscht, dass er eingeknickt ist. Zumal er vorher meinte, es würde ein schwieriges Gespräch mit dem Gemeindevertreter werden. Er habe seine Freundin, die gegen den Glauben übrigens nichts hat, auch mit zur Gemeinde geht, schon drauf vorbereitet. Dass aber nun er es ist, der am Ende wieder zurücksteckte – ja, das finde ich sehr schade.
Aber es ist ja noch etwas Zeit.


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