Import Export

Mit „Import Export“ führt uns Regisseur Ulrich Seidl („Hundstage“)in die abgrundtiefen Abgründe von Österreich und der Ukraine. Der Dreck und die Armut im ehemaligen Sowjetland. Und Zeitgenossen in Österreich, denen man ihre Arroganz und Widerlichkeit am liebsten mit Gewalt aus dem Gesicht schlagen möchte. „Import Export“ macht mehr und mehr innerlich aggressiv. Bis zu einem Punkt, an dem es einfach nicht mehr geht. Wo der Ekel, die Provokation ins Unermessliche steigt.
Zwei Geschichten: Import. Olga (Ekateryna Rak) ist Krankenschwester in einem ukrainischen Krankenhaus. Das Geld reicht jedoch nicht, sie nimmt einen Job in einem Sexcallcenter an. Doch der analfixierte Anrufer aus Österreich ist eine Nummer zu hoch. Dennoch: Österreich. Dorthin will sie gehen, um den finanziellen Aufsteig zu schaffen.
Export. Pauli (Paul Hofmann) ist arbeitslos und hat Schulden. Sein Stiefvater (Michael Thomas) nimmt ihn mit in die Ukraine, zum Aufstellen vom Spielautomaten. Pauli lernt die Sinnkrise und Nutzlosigkeitsgefühl der Leute dort kennen. Und die widerlichen Gelüste seines Stiefvaters.
Ein fetter, verschwitzter Österreicher, der sich in langen Einstellungen von einer verunsicherten Ukrainerin einen blasen lässt. Eine österrreichische Haushaltstussi, die Olga wie den letzten Dreck behandelt. Seidl macht es dem Publikum alles andere als einfach. Und verlangt am Ende zu viel. Mal abgesehen, dass der Film zu lang ist: Gewisse Dinge hätten so nicht sein müssen.

4/10


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

10 Antworten zu „Import Export“

  1. Timo

    Seidl macht es einem nicht einfach, deswegen ist der Film schlecht? Wow. Du verpasst was.

  2. RT

    Verpassen? Hab den Film schon gesehen. Und einmal reicht.
    Schlecht war er an dem Punkt, an dem er völlig widerlich wurde, überflüssigerweise.

  3. Timo

    Was muss dann erst ein Film wie REQUIEM FOR A DREAM bei dir auslösen?

    Das ist doch schließlich das Prinzip von IMPORT/EXPORT. Die Kamera hält drauf. so lange bis die bittere wahrheit keine möglichkeit mehr hat als hervor zu treten. Und das macht IMPORT/EXPORT großartig.

  4. RT

    Nur weil das das Prinzip ist, muss ich das ja noch lange nicht gut finden.

  5. bodymen

    Ich hab den Film noch nicht gesehen, habe aber eine gewisse Vorstellung vom Film bzw. von Seidl´s Filmen. Glaube einfach RT war mit den Film überfordert.

  6. LetThemEatCake!

    Ich habe ja kein allzu großes Vertrauen in RTs Filmkritiken, aber wenn seine Inhaltsangabe einigermaßen akkurat ist, muss der Film ja plumpe Schwarzweißmalerei betreiben und klischeebeladen sein mit zum Gehtnichtmehr. Und nach dem Lesen der Antwortpostings frage ich mich: Was meint Ihr mit „Kamera drauf halten“ und „wahres Leben“? Der Film ist doch inszeniert/gestellt, oder bin ich da falsch informiert? Nee, mal ernsthaft: Was macht IMPORT/EXPORT gut? Und warum sollte ich ihn mir ansehen? Der Thread gibt mir noch keine Antwort auf diese Frage.

  7. bodymen

    Der Film zeigt doch nur das wahre Leben, wenn man so sensibel ist, dass man meint nur zensierte und beschönigte Filme sehen zu können, dann darf man sich solche Filme nicht an sehen, dann sollte man lieber bei den vielen Schund aus Hollywood oder Bollywood bleiben.

  8. TheCritic

    Was hättest Du denn lieber nicht gesehen? Einem kritischen Impetus bist du bei Filmen offenbar nicht grundsätzlich abgeneigt, wenn ich den Beitrag zu Trade richtig lese. Was war dann der Knackpunkt für Dich bei Import/Export?

  9. RT

    Erstens hatte ich mit der gesamten Machart meine Probleme.
    Außerdem hatte ich stellenweise das Gefühl, dass ich es hier mit einem Schwarz-Weiß-Denken zu tun habe.
    Ein Knackpunkt war aber tatsächlich gegen Ende die Szene, in der sich der dicke Österreicher einen blasen ließ. Soll ja irgendwie provozierend sein, eine Art Tabubruch. Wahrscheinlich hat diese Provokation bei mir gewirkt. Ich war an der Stelle eingfach der Meinung, dass man das so (lange) nicht hätte zeigen müssen. Mir hat sich in der Form auch nicht der Sinn erschlossen.

  10. TheCritic

    Weiß nicht genau, was Du mit Machart und Schwarz-Weiß-Denken meinst, weil hier Seidl im Vergleich zu früheren Filmen mehr Empathie für seine Figuren zeigt und mehr Ambivalenzen zuläßt. Wobei er immer noch nicht dem Zuschauer dramaturgische Fluchten in Taschentuchseligkeiten erlaubt. Das macht seine Filme gerade so besonders – die Härte nicht zu mildern. Gefallen soll das nicht und ich kenne auch keinen, dem das gefällt. Hochachtung für das Durchhaltevermögen von Seidl habe ich dennoch und finde seine Filme außergewöhnlich gut.

    Seidl geht es natürlich nicht um so bürgerlichen Pipifax wie *Tabubruch* und *Provokation*. Der eigentliche Knackpunkt der Szene ist nicht die Zurschaustellung von Pillermännern, sondern die Entblößung der kapitalistischen Charaktermaske. Selbst die nackten Körper bei sexuellen Handlungen sind primär durch die Gesellschaft zugerichtet. Ganz großartig, wie der Stiefvater den Fetischcharakter des Geldes erklärt, ohne zu realisieren, daß er selbst selbigem aufgesessen ist und dabei sogar noch die moralischen Standards der Prostituierten locker unterschreitet. Das macht Import Export zu Seidls hellsichtigstem Film, weil er erstmals die Ebene der Deskription verläßt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert