Bahnbekanntschaften (16): Der irre Pöbler

Die Sache begann harmlos, wenn auch rätselhaft. In der S-Bahn zwischen Oranienburger Straße und Friedrichstraße. Ein Junge, der zu einer nichtdeutschen Reisegruppe gehörte, unterhielt sich mit seinem Sitznachbarn. Dann zeigte er mit dem Typ nach vorn. Ich konnte von meiner Position aber nicht sehen (und auch akustisch natürlich nicht beurteilen), wohin er zeigte und was er meinte. Zeigte er auf den Mann, der vielleicht irgendwas an sich hatte? Oder zeigte er etwas, was sich hinter ihm befand?
Wie auch immer: Den Mann machte es wahnsinnig. Ein Junge, der mit dem Finger auf ihn zeigte. Immer wieder. Und nicht Deutsch spricht.
„Nimmst du jetzt den Finger runter?“, blaffte er den Jungen an. Wieder zeigte er mit dem Finger. „Hörst du damit auf??“ Die Stimme des scheinbar leicht wirren Mannes wurde lauter.
Der Junge wurde leicht verunsichert. Und der Typ brüllte weiter. „Hör damit auf, oder ick knall dir eine!“
Das (vermutlich spanische) Tuscheln des Jungen zum Sitznachbarn stiegerte die Wut des irren Berliners. „Wir können in Friedrichstraße auch die Polizei rufen!!“
Ich weiß ja nicht, wen er mir „Wir“ meinte. Vielleicht sich selbst … und … na ja, sein anderes Ich?
Ich bot dem Jungen den Platz neben mir an, um aus der Schusslinie des blökenden Hauptstädters zu kommen. Aber er lehnte ab.
Der Mann stand auf und ging zur Tür, weil auch er in Friedrichstraße raus wollte. Und dimmer wenn der Junge was sagte, wedelte der Mann mit dem Arm durch die Luft – als er er ihn schlagen wollte.
Was für irre Pöbler laufen eigentlich frei durch die Stadt? Ist seine Therapie nicht angeschlagen?
Oder erlaubte er sich einen Aprilscherz? Wenn ja – dann wäre er allerdings gelungen! Wenn nein – gute Besserung!


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