Wahnsinn!

Wettspiele, Megapartys, Jubel und tiefe Trauer – ein Fußball-WM-Tagebuch


MAZ Oranienburg, 6.7.2006

Freitag, 9.Juni, Oranienburg: Jetzt geht’s los! Anpfiff zur Fußball-WM 2006 in Deutschland.

Mittwoch, 14. Juni, Oranienburg: Heute stand ich zwischen allen Stühlen. Was meine WM-Tipps in der Redaktion angeht, läuft es für mich alles andere als gut. Irgendwie ist die WM ganz schön doof. Es kann doch nicht sein, dass ich in der Tippwertung ganz hinten rumdümpele.
In geistiger Umnachtung habe ich für das Spiel Deutschland gegen Polen ein 2:2-Unentschieden getippt. So hoffte ich bis zum Schluss auf das 0:0, das mir wenigstens einen Punkt gebracht hätte. Aber nein. 92.Minute – es fällt doch noch das 1:0. Für das nächste Spiel habe ich auch auf einen Sieg für das deutsche Team gesetzt. Ich bereue. PS: Ich bin jetzt Letzter in der Tippwertung. Mist.

Sonnabend, 17. Juni, Oranienburg: Portugal bescherte mir heute endlich, endlich mal einen richtigen WM-Tipp! Das 2:0 gegen den Iran habe ich genau so vorhergesagt.

Sonntag, 18. Juni, Oranienburg: Jawohl!! Geil!! Die WM ist ja doch nicht so blöd! Zwei Spiele punktgenau richtig getippt! Kein letzter Platz in der Tippwertung mehr!

Dienstag, 20. Juni, Oranienburg: Fußball im WM-Zelt der Oranienburger Turm-Erlebniscity. Mensch, wenn es um die WM geht, können sich die Kreisstädter ja mal so richtig mobilisieren. 800 Leute waren gekommen, um zu sehen, zu bangen (nicht lange) und zu jubeln (schon ziemlich früh). Ein Phänomen: Die Farben Schwarz, Rot und Gold sind massentauglich geworden.

Mittwoch, 21. Juni, Oranienburg: Die Elfenbeinküste siegt gegen Serbien-Montenegro 3:2. Also ich hab das ja schon immer so vorher gesagt! Drei Punkte für meinen Tipp!

Donnerstag, 22. Juni, Berlin: Super Stimmung in der Hauptstadt. In den Potsdamer-Platz-Arcaden lief überall das WM-Spiel zwischen Tschechien und Italien. Beim Tor brandete im ganzen Einkaufszentrum großer Jubel auf. Als Italien dann durch war, gab es Sprechchöre: „Italia!!“ Zu diesem Zeitpunkt war mir Italien noch sympathisch.

Sonnabend, 24. Juni, Zühlsdorf: WM gucken bei einer Geburtstagsparty. 10 Minuten vor Beginn des Spiels Deutschland gegen Schweden ist noch nichts aufgebaut. Na toll. Das W-Lan funktionierte nicht. Der DVB-T-Receiver auch nicht. Kein Empfang.
Erst eine Minute nach Anpfiff haben wir Bild und Ton. Mehr Ton als Bild. Es ist zu hell draußen, um viel erkennen zu können. Vierte Minute nach Anpfiff. Noch einige Korekturen an der Technik. Das Bild friert ein. Als es zehn Sekunden später wieder da ist – steht es plötzlich 1:0. Deutschland führt gegen Schweden – und wir haben das Tor verpasst. Zwölf Minuten nach Anpfiff. Noch mal Korrekturen an der Technik. Noch mal friert das Bild kurz ein. Als es weitergeht – steht es 2:0. Auch das zweite Tor haben wir verpasst. Erst nach der Halbzeit wurde die Technik so in den Griff gebracht, dass doch noch alles funktionierte und wir ein gutes Bild hatten. Nur leider fiel da kein Tor mehr.

Sonnabend, 24. Juni, Berlin: Das FIFA-Fanfest erstreckt sich vom Brandenburger Tor bis zur Siegessäule. Glücklicherweise war es am Abend nicht mehr so voll. Wer die Meile betreten will, muss am Eingang erst mal abgetastet werden. Getränke reinzunehmen ist tabu. Auch Spraydosen. Man könnte ja damit schmeißen. Beziehungsweise könnte man darauf verzichten, die überteuerten Getränke auf der Meile zu kaufen. Ein halber Liter Cola für 3,50Euro. In einer Plasteflasche. Die man übrigens auch als Wurfgeschoss verwenden könnte. Aber das nur nebenbei. Macht ja auch keiner.

Freitag, 30. Juni, Oranienburg: Überall lief Fußball. Auch wenn es beim 0:1 für Argentinien erst mal relativ still in unserem Viertel war. In der ersten Halbzeit sowieso. Es war auch wirklich langweilig. Ganz ehrlich: Wir hatten die WM schon aufgegeben. Aber dann: 1:1. Der Ausgleich. Freude in unserem Viertel. Überall Jubel. Böller. Tröten. Wahnsinn. Auch Angela Merkel freute sich. Wir waren wieder im Spiel.
Und dann, nach 120 Minuten: Elf-Meter-Schießen. Weder Deutschland noch Argentinien hatte vorher in einer WM je eines verloren. Deutschland trifft! Jubel! Tröten! Böller!
Deutschland traf viermal. Argentinien nur zweimal. Lehmann ist der Größte!

Sonnabend, 1. Juli, Berlin: Fußball im Kino? Ja, warum nicht? Das WM-Viertelfinalspiel zwischen Brasilien und Frankreich haben wir im CinemaxX am Potsdamer Platz gesehen. Der Saal war ganz gut gefüllt, die Stimmung gut. Auch wenn es zur Halbzeit 0:0 stand: Das Spiel war spannend. Und Frankreich klasse. Brasilien hat mal wieder fast nichts auf die Reihe bekommen. Vom Favoriten der WM kam erschreckend wenig . Ronaldinho sah verdammt alt aus.
Das Finale: Das Kino wäre durchaus ein Ort, an dem man sich das ansehen könnte.

Dienstag, 4. Juli, Oranienburg: Als der Schlusspfiff in Dortmund das Aus für die deutsche Mannschaft besiegelte, war es ganz ruhig in Oranienburg.
Noch können wir es nicht glauben.
Aber ihr ward gut, Jungs!
Und am Sonnabend geht es noch um den dritten Platz!


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