Abi-Prüfungen schon gelaufen

Jakob und Benny hatten in Berlin bereits jetzt ihre schriftlichen Abschluss-Klausuren

MAZ Oranienburg, 29.1.2004

BIRKENWERDER
Jakob und Benny haben es hinter sich. Am Dienstag stand für sie die letzte der drei schriftlichen Abiturprüfungen auf dem Plan. Es lief erfreulich gut. Während sich hierzulande die Abiturienten darüber Gedanken machen, ob sie eventuell ab den Osterferien für die Prüfungen lernen, brauchen die beiden 18-Jährigen aus Birkenwerder sich darüber nicht mehr den Kopf zu zerbrechen. Jakob Weber und Benjamin Steinke besuchen die Evangelische Schule in Berlin-Frohnau. In Berlin brüten die Schüler der 13. Klasse bereits jetzt, im Januar, über ihrem Abi. Die Brandenburger haben diesen Akt erst im Mai vor sich. Danach ist für sie der Unterricht aber auch gelaufen.
Anders bei den Berlinern. Jakob und Benny müssen auch nach den Winterferien weiter zur Schule gehen. Trotz geschriebener Abitur-Klausuren. „Das vierte Kurshalbjahr zählt ganz normal mit“, erklärt Benny. „Aber es gibt weniger und kürzere Klausuren, die auch nur einfach zählen.“ Irgendwann im Mai sind dann die mündlichen Prüfungen.
Hat man denn da überhaupt noch Lust auf die Schule? „Na ja, man munkelt, dass sie sehr schnell abnimmt“, grinst Jakob. Und Benny ergänzt: „Es soll eine recht entspannte Zeit sein.“ Sie finden es praktisch, dass sie bereits jetzt ihre Prüfungen geschrieben haben. „Für uns ist das ein Vorteil“, findet Jakob. „Ansonsten müssten wir ja für die Klausuren noch mehr lernen.“
Benny wechselte zur 5. Klasse zur Evangelischen Schule in Frohnau. „Die Grundschule in Birkenwerder hatte damals ein Lehrerproblem“, erinnert er sich. „Unsere Klassenlehrerin war krank und sollte nicht wiederkommen. Wir hatten nur eine Aushilfskraft.“ Jakobs Schwester wechselte nach der Wende nach Frohnau, also sollte er ebenfalls dort fürs Leben lernen.
Die Evangelische Schule ist eine Privatschule und, wie der Name schon sagt, sie befindet sich in kirchlicher Trägerschaft. Einmal im Monat findet auch eine Andacht statt, „die man aber nicht so oft besucht“, grinst Benny. Religion ist Pflichtfach, auch ein Leistungskurs darin ist möglich. „Man muss allerdings nicht getauft sein, um auf die Schule zu kommen“, erklärt Benny weiter. „Aber wer getauft ist, wird bevorzugt.“ Das Schulgeld richtet sich nach dem Einkommen der Eltern, Geschwister zahlen weniger. Schüler aller Altersklassen besuchen die Frohnauer Schule. „Los geht’s mit der Vorschule, der nullten Klasse“, erzählt Jakob. Insgesamt 800 Leute verbringen hier momentan ihre Schulzeit.
Keine Frage, die beiden fühlen sich auf ihrer Schule wohl. „Schon ab drei Leuten wird hier ein Kurs eröffnet“, erzählt Benny. Das gäbe es an staatlichen Schulen nicht. „Bei 16 oder 17 Teilnehmern wird so ein Kurs bei uns bereits geteilt.“ In seinem Physik-Leistungskurs sitzen gerade mal sechs Leutchen. 60 Schüler hat ein Jahrgang. „Es gibt auch einen Haufen AGs“, ergänzt Jakob. „Es werden zum Beispiel alle möglichen Sportarten und einige Sprachen angeboten.“ Die Lehrer sind größtenteils sehr engagiert.
Aber es kann doch nicht nur Vorteile geben? „Nein“, antwortet Benny. „Die Bahnkosten sind ziemlich hoch, obwohl wir nur mit der S-Bahn zwei Stationen von Birkenwerder nach Frohnau fahren müssen.“ Während ein Schüler beispielsweise aus Steglitz nur 30 Euro im Monat zahlt, müssen die beiden Oberhaveler für ein BC-Ticket 40 bis 50 Euro zahlen. „Zwar gab es jetzt einen Erlass vom Kreis, wir zahlen jetzt weniger, aber das ist lächerlich“, monieren die Birkenwerderer. „Wir fahren, wenn möglich, mit dem Auto“, sagen sie.
Schade finden sie auch, dass es unter den Schülern relativ wenig Zusammenhalt gebe. „Die Lager sind zu groß“, meint Benny. „Ein Drittel der Schüler kommt aus Oberhavel. Im Physik-Kurs sitzen nur Ossis.“ Man merke schon recht deutlich den Unterschied zwischen den Berlinern und den Schülern aus Oberhavel. „Für einige der Berliner ist Hohen Neuendorf schon so etwas wie Ausland“, meint Jakob. „Gerade Frohnau ist ziemlich konservativ, gerade in PW, Politische Weltkunde, merken wir das ziemlich deutlich, wenn zum Beispiel über die Todesstrafe oder den Irak gesprochen wird.“ Aber insgesamt herrsche doch ein gutes Klima. Benny: „Ich kann mich an keine Prügelei auf dem Schulhof erinnern.“
In Sachen Abitur haben Jakob Weber und Benjamin Steinke, im Gegensatz zu ihren Kollegen auf den Gymnasien in Oberhavel, das Gröbste jedenfalls schon hinter sich. Sie können die nächsten Wochen und Monate ein wenig ruhiger angehen und schon mal ihre Abschlussfeierlichkeiten planen.


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