Aktuelle Kamera – Vor 10 Jahren

MO 08.11.1999, ORB

Was hatten wir doch für ein Glück, dass sich West-Berlin mitten auf dem DDR-Gebiet befand und wir so ohne Probleme das „Westfernsehen“ empfangen konnten! Denn da man in der „Aktuellen Kamera“ nur über die neuesten Sollerfüllungen der Betriebe sowie die Bruderküsse Erich Honeckers berichtet wurde, informierte man sich dann doch lieber über „heute“ oder die „Tagesschau“.
Jetzt allerdings sind die Wiederholungen der „Aktuellen Kamera – Vor 10 Jahren“ (immer spätabends im ORB) durchaus interessant. Die meisten der Ereignisse der Wendezeit haben nämlich in der Nachrichtensendung des DDR-Fernsehens nicht stattgefunden.
Damals nahm man sich noch Zeit für die wichtigen Dinge des Lebens. Da gab es dann schon mal einen Aufmacher über die supertollen Ernte-Erträge in Kleinkleckersdorf im Kreis Karl-Marx-Stadt. An anderen Tagen wurden minutenlang igendwelche Parteibeschlüsse verlesen. Das muss man sich mal vorstellen: Die Sendung beginnt und der/die arme Sprecher(in) muss fast eine Viertelstunde lang die Ergebnisse des x-ten SED-Parteitages vorlesen. Und gegen Ende der 30-minütigen Sendung gab es auch mal ’nen Filmbericht. Unabhängig davon, dass das, was die Sprecher da vorlasen, meistens brechend langweilig war, sie taten es fast immer fehlerfrei. Respekt! Eine der bekanntesten AK-Sprecherinnen, Angelika Unterlauf, ist jetzt übrigens bei SAT 1.
Die Sendungen rund um den 7. Oktober 1989, dem vierzigsten Republikgeburtstag, waren ganz besonders interessant. Als Michail Gorbatschow beispielsumse in Ost-Berlin ankam, gab es allein darüber, wie er vom Flughafen ins Stadtzentrum fuhr, einen 15-minütigen Beitrag nach dem Motto „Jetzt fährt der Genösse Gorbatschow gerade durch Käpenick. Und jetzt kommen wir nach Treptow…“
Und überall, an den Straßen standen Leute mit diversen Fähnchen und anderen Winkelementen. Das waren noch Zeiten!


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