In der AGA (13): Das Gelöbnis

Verdammt früh war es heute Morgen, als wir geweckt wurden. Seit 6 Uhr sitzen wir nun im Bus, der uns zu unserem feierlichen Gelöbnis nach Strausberg bringen soll.
Überraschenderweise geht das Ganze relativ locker über die Bühne, wir werden unseren Eid in unseren Tarnuniformen sprechen. In den vergangenen Tagen haben wir noch mal das Marschieren (möglichst im Gleichschritt) geübt und auch das „Havelberg-Lied“ können wir inzwischen nahezu perfekt.

Strausberg. Auf einem großen Parkplatz kommen Busse aus den verschiedenen Kasernen. Soldaten aus Prenzlau, Storkow, wir aus Havelberg und eben auch aus Strausberg nehmen am Gelöbnis teil. Vor den Bussen stehen große getarnte Trauben von teilweise rauchenden Soldaten.

Der große Augenblick rückt näher. Oberfeldwebel S. befiehlt uns, uns zu formieren. Natürlich werden wir unser „Havelberg-Lied“ schmettern, wenn wir den Sportplatz betreten, auf dem das ganze Brimborium stattfindet. Das Besondere ist, dass wir diesmal in der ganzen Kompanie marschieren und uns unser Kompanieführer Hauptmann J. anzählt. „Vierte Kompanie – Im Gleichschritt – Marsch!“ Und wir setzen uns in Bewegung. „Vierte Kompanie – Ein Lied!“ Nachdem wir uns alle mitgeteilt haben, dass wir überraschenderweise das „Havelberg-Lied“ schmettern werden, geht’s auch schon los, im Takt unseres Marsches. „In Havelberg – am Havelstrand – da dienen wir – mit Herz und Verstand. – Tsching Tschinging Bajuh – Tsching Tschinging Bajuh – und die Sonne scheint – weit über das Land!“

Wie wir es nicht anders erwartet haben, hat uns die Strausberger Kaserne keine Stühle für die Prozedur zur Verfügung gestellt. So heißt es: stehen bleiben – und warten. Lange warten. Denn ehe alle anderen Kompanien auf ihren Plätzen stehen, vergeht schon eine gewisse Zeit.

Nach einer Stunde warten auf den Beginn der Zeremonie beginnt das Warten auf das Ende der selbigen.
Das wird uns versüßt durch die Musik einer Militärkapelle, die an uns vorbeimarschiert. Wir heucheln Interesse. Was bleibt uns auch anderes übrig? Als nächstes stolziert irgend so ein hoher Offizier an uns Soldaten vorüber. Wir heucheln Ehrfurcht vor ihm. Was sollen wir auch anderes machen? Dann steht ein junger Typ und erzählt uns, wie toll es doch beim Bund ist. Wir heucheln Zustimmung. Was soll der arme Kerl da vorne auch anderes erzählen? Er wird ganz sicher dazu gezwungen.

Es gibt noch weitere spannende Reden, diverse musikalische Einlagen. Ein paar von uns haben dann die zweifelhafte Ehre, nach vorn zur Fahne zu dürfen, um den Eid auf die selbige zu sprechen. Inzwischen habe ich mitbekommen, dass sich meine Familie ausgerechnet hinter uns eingefunden hat.

„Gelöbnisaufstellung – Still gestanden!“, ruft das hohe Tier da vorne ins Mikro. Wir gehorchen. „Augen links!“ Wir starren zur Fahne. „Soldaten! – Ich gelobe…“ Und wir (das heißt, ich bewege nur die Lippen): „Ich gelobe…“ – „… der Bundesrepublik Deutschland…“ – „… der Bundesrepublik Deutschland…“ – „… treu zu dienen…“ – „… treu zu dienen…“ – „… und das Recht…“ – „… und das Recht…“ – „… und die Freiheit des deutschen Volkes…“ – „… und die Freiheit des deutschen Volkes…“ – „… Kraftvoll zu verteidigen.“ – „… Kraftvoll er verteidigen.“ Dann wird die Nationalhymne gespielt und wir sind vereidigt. „Gelöbnisaufstellung – Augen geradeaus!“ Bei der Brandenburger Hymne, „Märkische Heide“, brauchen wir nicht auf die Fahne zu glotzen.

Nach dem offiziellen Akt dürfen die Angehörigen auf den Sportplatz kommen, um uns zu fotografieren oder uns in Großaufnahme auf den Videofilm zu bannen. Man kommt sich echt vor wie im Zoo.
Und alle sind sie gekommen. Vati, Mutti und mein Bruder.
Nun kommt noch Hauptmann J., wünscht uns alles Gute. Oberfeldwebel S. meint, wir sollten uns am Wochenende nicht zu sehr betrinken, am Montag gehe es ins Biwak nach Nitzow.
J. schreit: „Vierte Kompanie – Auf Ihr feierliches Gelöbnis jetzt ein dreifaches Anker…“ Und wir: „… wirf!“ – „Anker…“ – „… wirf!“ – „Anker…“ – „… wirf!“ – „Und jetzt wünsche ich Ihnen noch ein angenehmes Wochenende – und einen guten Heimweg. Vierte Kompanie – Ins Wochenende weggetreten!“ – Und wir zackig (und ehrlich): „Hurra!!“


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