Unser Abi-Gag

Wenn das Abitur überstanden ist, ist es üblich, dass sich die Schulabgänger zünftig von ihrer Schule und den Lehrern verabschieden. So was nennt man im allgemeinen „Abi-Gag“. Um ihn wird immer ein großes Geheimnis gemacht. Es wird weder verraten, wann er stattfindet, noch was gemacht wird.
Gestern Abend bereiteten wir unseren „Abi-Gag“ vor.

Vor ein paar Tagen haben alle ihre Abitur-Noten erfahren. Von den 86 Schülern dieses Jahrgangs haben es sechs leider nicht geschafft. Ich war ganz zufrieden mit meinen Noten.
Für den heutigen Tag haben wir uns einiges einfallen lassen. Natürlich sollte der reguläre Unterricht ausfallen.
Auf den Treppen werden kreuz und quer Seile gespannt, so dass das Treppensteigen ziemlich beschwerlich wird. Im unteren Flur werden Tische so platziert, dass sie einen mordsmäßig langen Paarcour darstellen. Der Vordereingang der Schule wird gesperrt. Die Lehrer haben also am Morgen gar keine andere Wahl, als den Hintereingang zu benutzen und den Paarcour zu bewältigen. Danach werden sie alle in ein Zimmer gesperrt und dürfen/müssen dort warten, bis sie wieder herausgeholt werden. Dann müssen/dürfen am eigentlichen „Abi-Gag“ teilnehmen.

Die Nacht war im LHG nicht gerade ruhig. Die meisten Schüler haben gleich hier übernachtet. Einige schliefen in der Aula, andere widerrum machten die Nacht durch. Und jetzt ist der „Tag der Abrechnung“ gekommen.
Die Sekretärin, Frau Ahrens, ist die erste, die den Paarcour überwindet . „Was machen Sie denn um diese Uhrzeit schon hier? Es ist doch noch nicht einmal sechs Uhr!“ – „Ich hab‘ doch immer soviel vorzubereiten!“
Kurz vor dem eigentlichen Unterrichtsbeginn erscheinen dann auch nach und nach alle anderen Lehrer. Frau Rehmer ist absolut nicht begeistert. „Was habt ihr denn hier verbrochen??“ Sie muss sich ihr kleines Jäckchen und ihre Stöckelschuhe ausziehen, damit sie über die Seile klettern kann. Dabei hört man immer wieder ihr Stöhnen: „So eine Tortur!“
Wer übrigens eines der Seile zerreißt, muss sofort 10 Mark hinblättern. Und ausgerechnet der Sportlehrer, Herr Vogel, ist der erste, der sie berappen muss.
Die meisten Lehrer halten sich ganz tapfer an den Seilen. Nur Frau Sabrowske hat dummerweise ihre Tasche am Paarcour-Anfang vergessen. Die wurde natürlich sofort von den Schülern beschlagnahmt.
Frau Müller hat sich bei dem Versuch, die Seile in einer Rekordzeit zu erklimmen, fast den Knöchel gebrochen, aber nur fast. Und nun Herr Söllner. „Ist das euer ernst?“ Sofort bildet sich eine Schülertraube, um Söllner in den Seilen zu sehen. Anfangs hält er sich ganz wacker. Aber dann: „Ich glaube, hier stimmt was nicht.“ Söllner hat sich in den Seilen verheddert.
Des Weiteren ist von einem Fluchtversuch einiger Lehrer zu berichten. Geplant war, sie bis zum Beginn des eigentlichen „Abi-Gags“ in ein Zimmer zu sperren, in dem es auch Kaffee und Kuchen gibt. Doch einige Lehrer, angeführt von den Sportlehrern, sind kurzerhand aus dem Fenster gehüpft. Natürlich wurden sie schleunigst wieder eingefangen. Zur Strafe mussten sie durch das gleiche Fenster, durch dass sie ausgestiegen sind, wieder einsteigen…

Der „Abi-Gag“ besteht darin, dass eine Preisverleihung stattfindet. In diversen Kategorien wurden vorher von den Schülern Lehrer nominiert. Sie müssen nun einen Wettkampf absolvieren. Einer der Lehrer wird gewinnen. Doch das ist eigentlich vollkommen egal, denn der eigentliche Sieger wurde schon am Abend, unabhängig vom Spielverlauf, zuvor bestimmt. Frau Steinmöller gewinnt den 1. Preis in der Kategorie „Bestes Tafelbild“: Entweder ist es so katastrophal unübersichtlich, dass man nicht mehr durchsieht, oder sie macht erst gar keins. In der „Sport-Kategorie“ gewinnt die Sekretärin Frau Ahrens den Preis. So wie die immer in der Schule herumrennt, von einer Seite zur anderen, von einem Stockwerk ins nächste!

Insgesamt ist die Stimmung in der Schule selten so gut wie heute. Die einzige, die schlecht gelaunt war, war die Geographielehrerin Frau Hattke. Sie drohte gar mit einer Anzeige, wenn sie mit den anderen Lehrern, ihren werten Kollegen, in einem Raum hätte sitzen müssen…

Jetzt fehlen eigentlich nur noch die Abitur-Zeugnisse und natürlich noch der Abi-Ball. Danach ist das Kapitel Schule für uns Geschichte.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert