DO 22.08.1996, 21.00 Uhr, SAT1
Sichtlich angespannt betrat SAT1-Moderatorin Margarethe Schreinemakers ihr Studio. Gestern begann eine neue „Schreinemakers live“-Staffel.
Gleich zu Anfang die Ankündigung eines Berichtes zu ihrer eigenen Steueraffäre. Aber zunächst die üblichen Themen. Die üblichen Tränen.
Um 23.49 Uhr kam dann der große Augenblick. Schreini kündigte ihren Beitrag an. Wenige Sekunden flimmerte der Beitrag, dann blendete SAT1 aus.
Zu sehen war stattdessen eine Hinweistafel, die ein Sprecher auch vorlas: „Aus aktuellem Anlass muss SAT1 heute seinen Programmabluaf ändern. Bitte bleiben Sie dran. Es folgt ein Situationsbericht live aus Berlin.“
In der anschließenden Sondersendung der „SAT1-Nachrichten“ mit Ulrich Meyer wurden die Zuschauer aufgeklärt. Ulrich Meyer erläuterte, daß SAT1 Moderatoren keine Möglichkeit einräumen könne, private Angelegenheiten in ihrer eigenen Sendung zu behandeln.
Im Anschluß durfte Harald Schmidt die kurze Zeit bis Mitternacht überbrücken. Natürlich nutzte er die Zeit, die Steueraffäre ein wenig aufs Korn zu nehmen.
Vom „stern“ bis zum „Spiegel“ hatten diese Woche zahlreiche Medien in großer Aufmachung über den Steuerfall berichtet. Mit durchschnittlich 6,07 Millionen Zuschauer erreichte die Sendung eine ungewöhnliche hohe Einschaltquote.
Ausgangspunkt des Streits mit SAT1 war der Konflikt zwischen Margarethe Schreinemakers und dem Finanzamt. Schreinemakers‘ Produktionsfirma „Living Camera“ sitzt in Holland. Aus dem Honorar für die talkshow behielt der deutsche Fiskus 25 Prozent ein. Schreinemakers forderte das Geld zurück, da die Firma im Ausland steuerpflichtig sei.
Ihren Beitrag „Jetzt rede ich“ können die Zuschauer dennoch ansehen. RTL strahlt heute eine gekürzte Fassung in „Explosiv – Das Magazin“ aus.
Trotz des Abbruchs von „Schreinemakers live“ wird Margarethe Schreinemakers ihre Sendung weiterhin auf SAT1 moderieren. Sie werde ihren Vertrag erfüllen, hieß es bei der Kölner Fernsehfirma Telemaus, die für Schreinemakers arbeitet.
Daß eine Livesendung durch den austrahlenden Sender abgebrochen wurde, ist in der deutschen Fernsehgeschichte bisher einmalig.
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