Er hat Post bekommen. Er ist zum Geschworenen in einem Mordprozess berufen worden. Aber Justin Kemp (Nicholas Hoult) hat eigentlich gerade gar keine Zeit dafür. Seine Frau Allison (Zoey Deutch) bekommt bald ihr gemeinsames Kind. Aber vielleicht lässt sich das Urteil ja schnell fällen.
Im Prozess wird James Sythe (Gabriel Basso) vorgeworfen, seine Freundin Kendall (Francesca Eastwood) getötet und ihre Leiche im Gebüsch unter der Straßenbrücke abgelegt zu haben.
Alles spricht gegen ihn. Staatsanwältin Faith Killebrew (Toni Collette) ist felsenfest von der Schuld des Mannes überzeugt.
Justin aber steht innerlich unter Schock: Dieser Abend. Dieser Regen. Dieser Streit im Lokal zwischen diesem Mann und seiner Freundin. Er war dabei. Und diese Straßenbrücke. An diesem Abend schlug etwas gegen sein Auto. Er war ausgestiegen, hat aber nichts entdecken können. Er dachte, es sei ein Reh gewesen. Oder war es etwa…?
Und wenn sein Unfall mit diesem Fall zu tun hat – was soll er nun tun?
Justin ist der „Juror #2“ in diesem spannenden Fall, den Clint Eastwood zu einem sehr sehenswerten Film gemacht hat. Wir sehen: Justiz ist nicht gerecht. Nicht zwingend. Denn in diesem Prozess sind die Fronten schnell klar. Die Staatsanwältin braucht ein schnelles Urteil, weil es ein Karriere-Sprungbrett ist. Die meisten Geschworenen wollen einfach schnell nach Hause, und Justin – tja, der hat ein ganz anderes Problem und kann den Mann eben nicht so fix verurteilen lassen.
Für die Zuschauer liegen die Karten also ziemlich schnell komplett auf dem Tisch. Das macht es aber keineswegs langweilig. Denn genau daraus zieht sich die Spannung, weil wir ja eine Meinung dazu haben, wie das alles ausgehen sollte. Es ist ein Dilemma, und wir sehen – diese ganze Art des Prozesses ist genau das: ein Dilemma.
Eastwood profitiert zudem von sehr guten Schauspielern, allen voran Nicholas Hoult, dem man seine innere Zerrissenheit ansieht, seine Angst, seien Unsicherheit. Und ohne zu viel zu verraten: Das Ende hängt einem durchaus eine Weile nach.
Clint Eastwood – inzwischen 94 Jahre alt – hat hier wahrscheinlich seinen letzten Film inszeniert – mit Ausrufezeichen.
Juror #2
USA 2024, Regie: Clint Eastwood
Warner, 114 Minuten, ab 12
8/10
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