Nach 1954, 1973 und 2002 ist nun die vierte Verfilmung von „Das fliegende Klassenzimmer“ in den Kinos. Für jede Generation eine Aktualisierung des Stoffes von Erich Kästner. Allerdings ist die wunderbare Version von 2002 kaum zu toppen – und der 2023-Verfilmung gelingt dies auch nicht mal ansatzweise. Das liegt nicht am Cast, sondern am Buch.
Diesmal sind wir am Johann-Sigismund-Gymnasium im Alpenstädtchen Kirchberg. Martina (Leni Deschner), die in Berlin in armen Verhältnissen lebt, gelingt es, ein Stipendium zu bekommen.
Schnell gewinnt sie mit Jo (Lovena Börschmann Ziegler), Matze (Morten Völlger) und Uli (Wanja Valentin Kube) neue Freunde. Allerdings ist auch schnell klar, dass raue Sitten herrschen. Zwischen den Kindern im Internat und den Externen aus dem Ort ist die Rivalität groß. Eines Tages kommt es zu einem heftigen Streit zwischen den Gruppen.
Unterdessen treffen Martina und ihre Leute in einem abgelegenen Bauwagen einen geheimnisvollen Aussteiger (Trystan Pütter). Er wird „Nichtraucher“ genannt, und früher war er mal der beste Freund vom heutigen Internatsleiter Justus Bökh (Tom Schilling). Warum kam es zum Bruch?
Man muss es leider so sagen: „Das fliegende Klassenzimmer“ von 2023 ist sehr schwierig. Die Rivalität zwischen den Kindern wird auf eine irritierend harte Weise gezeigt. Die Externen benehmen sich wie totalitäre Herrenmenschen – sie verbreiten Angst. Die Spannungen erhärten sich so sehr, dass es zu einer erstaunlich brutalen Prügelei kommt. Das ist unnötig und mitunter erschreckend. Es herrscht ein Klima der Angst, es fehlt über weite eine Leichtigkeit, die für einen Kinderfilm wichtig gewesen wäre. Stattdessen ist das Setting auf eine Weise kalt und brutal, dass einem manchmal der Atem stockt.
Dass es erst Verletzte braucht, um zu bemerken, dass man zu weit gegangen ist, ist das falsche Signal. Dass Uli in seiner Verzweiflung zu einer hochgefährlichen Mutprobe aufbricht und dabei schwer verletzt wird, ist ein schlimmer Moment. Dass die Lehrerschaft nicht mitbekommt, welches Gewaltklima herrscht, ist bodenlos.
„Das fliegende Klassenzimmer“ spielt nur am Rande eine Rolle. Dass es am Ende quasi aus dem Nichts samt Kulisse und Kostüme aufgeführt wird, obwohl scheinbar nie geprobt wurde, ist schlicht nicht glaubwürdig. Auch die freundschaftliche Zusammenführung von Justus und dem „Nichtraucher“ ist psychologisch absolut oberflächlich und damit nicht nachvollziehbar.
Den Autoren ist die Handlung des Films vollkommen entglitten. Für Kinder ist er nur wenig geeignet, wenn man den Heranwachsenden irgendwas mit auf den Weg geben will. Dass scheinbar niemand so ein Werk vor dem Dreh pädagogisch abklopft, ist verwunderlich. Hier wird mit teilweise grausamen Überspitzungen gearbeitet, die so nicht sein müssen.
Da hilft es auch nicht, dass die Kulisse nett ist. Der Inhalt ist misslungen.
Das fliegende Klassenzimmer
D 2023, Regie: Carolina Hellsgård
Leonine, 89 Minuten, ab 0
3/10
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