The Whale

Wenn Charlie (Brendan Fraser) seine Online-Kurse für seine Studenten gibt, dann bleibt seine Kamera aus. Die Jugendlichen sehen nur eine schwarze Kachel, sie hören nur seine Stimme. Charlie will sich nicht zeigen. Denn Charlie ist dick. Sehr dick. Er wiegt 270 Kilo. Er kann sich kaum noch bewegen. Sein Herz schafft es kaum noch, mitzuhalten. Er spielt mit seinem Leben.
Es begann vor gut zehn Jahren. Damals hat er seine Frau und seine achtjährige Tochter verlassen, nachdem er sich in einem Mann verliebt hatte. Nachdem sein Partner aber verstorben war, fiel er in ein seelisches Tief. Charlie bekam, eine Essstörung, und er begann, immer dicker zu werden. Inzwischen geht er nicht mehr raus, bewegt sich nur noch in seinem Haus – und auch das mehr schlecht als recht.
Doch seine Vergangenheit holt ihn ein. Eines Tages steht Thomas (Ty Simpkins) vor seiner Tür, um ihn zu Gott zu bekehren. Das hebt schlimme Erinnerungen aus den Tiefen seines Gedächtnisses. Und auch seine Tochter Ellie (Sadie Sink), inzwischen 17, steht plötzlich in seinem Haus. Trotz ihrer tiefen Abneigung – Charlie versucht einerseits, ihr Leben in eine richtige Bahn zu schieben. Aber ihm bleibt nicht mehr viel Zeit…

Charlie ist fett. Und das zeigt „The Whale“, der Film von Darren Aronofsky, auch sehr ausführlich. Für seine Hauptrolle als Charlie bekam Brendan Fraser einen Oscar. Dafür musste er sich einen XXXL-Fatsuit anlegen lassen, auch die Maske ist sehr umfangreich – keine leichte Aufgabe. Allerdings weidet sich die Kamera auch sehr an der Fettleibigkeit des Mannes. In vielen Szenen sehen wir, wie Charlie versucht, aufzustehen, sich zu bewegen. Wir sehen den wirklich fettleibigen Körper in aller Ausführlichkeit. Zeigen, was ist. Die Frage ist nur: Ist das in dieser Ausführlichkeit nötig, haben man als Zuschauer nicht irgendwann begriffen: Dieser Mann ist fett. Was aber nicht so wirklich ausführlich beleuchtet ist, sondern eher am Rand erzählt wird: Wie es dazu kommen konnte. Wie es eigentlich in Charlie aussieht. Sind es wirklich nur die Scham und der Selbst-Ekel? Man kann nur ahnen, dass die Geschichte dahinter eine andere ist, sie wird nur angedeutet.
Das ist eine wirkliche Schwäche des Films: Die Figuren sind nicht zu Ende gedacht – nicht nur bei Charlie. Der junge Glaubensmann beispielsweise hat ebenfalls eine spannende Story, die Potenzial für viel mehr gehabt hätte – aber das Ende seiner Geschichte ist geradezu blöd-banal.
Ganz klar: Der Film ist interessant, zum Ende hin sehr emotional, und Brendan Frasers Schauspielleistung ist grandios, und schon deshalb ist „The Whale“ sehenswert. Die Figurenzeichnung aber lässt viele Fragen offen, und das ist ziemlich schade.

-> Trailer auf Youtube

The Whale
USA 2022, Regie: Darren Aronofsky
Plaion Pictures, 117 Minuten, ab 6
6/10


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