Der Gymnasiast

Lucas (Paul Kircher) ist 17, und er hat uns etwas zu erzählen. Nämlich, was er in den vergangenen Wochen und Monaten erlebt hat. Wie er es erlebt hat und wie es geschafft hat, einigermaßen darüber hinwegzukommen.

Im Nachhinein sagt Lucas: Er hätte was ahnen können. Als ob das Universum eine erste Warnung geschickt hat. Als er mit seinem Vater (Christophe Honoré) im Auto unterwegs ist, kommen sie mit dem Wagen von der Straße ab – aber es passiert ihnen nichts. Nur wenig später kommt der Vater bei einem weiteren Unfall ums Leben.
Für Lucas bricht eine Welt zusammen. Scheinbar kommt keiner an ihn an. Auch nicht sein Freund Oscar (Adrien Casse), der ja nicht sein Freund ist, wie Lucas sagt. Auch mit seinem Bruder Quentin (Vincent Lacoste) zofft er sich, er wirft ihm vor, nie da zu sein. Tatsächlich ist er als Künstler nach Paris gegangen. Seine Mutter (Juliette Binoche) ist ratlos. Quentin bietet ihm an, ein paar Tage mitzukommen – mal weg von allem.
Und so stromert er durch die Stadt, hat Begegnungen und freundet sich mit Quentins Mitbewohner Lilio (Erwan Kepoa Fale) an.
Doch an seinem Kummer ändert das nichts, an seinem Denken, ungeliebt zu sein, sich schämen zu müssen. Lucas geht einen drastischen Schritt…

Mit dem Film „Der Gymnasiast“ erzählt Regisseur Christophe Honoré eine wichtige Episode aus seinem eigenen Leben. Die, wie er als Jugendlicher seinen Vater verloren hat – und wie er damit klargekommen ist. Oder auch nicht klargekommen ist.
Wie in einer Art Therapiegespräch mit uns Zuschauern berichtet Lucas von seinen Erlebnissen. Nachdenklich, auch beschämt, sehr konzentriert.
Der junge Mann verliert mit dem Tod seines Vaters den Halt. Andererseits will er sich nicht binden. Sein Freund Oscar will sich enger binden, aber Lucas lässt das nicht zu. In Paris will er endlich zu sich selbst finden und schauen, wer er denn ist.
Hauptdarsteller Paul Kircher ist ganz stark. Auf eine sehr natürliche Weise bringt er all die verschiedenen Gefühle rüber. Der zerbrechliche Junge, der versucht, wieder stark zu sein oder zu werden. Die Botschaft könnte lauten: Vielleicht wird erst mal nichts alles gut – aber aus jedem gröbsten Tief kann man wieder rauskommen, wenn man will und wenn man drüber redet. Denn nicht nur Lucas muss mit der Trauer klarkommen – seiner Mutter und seinem Bruder müssen das ebenso.
„Der Gymnasiast“ ist ein Film, der einem nah geht und auch fesselt und vom tollen Schauspiel aller lebt.

-> Trailer auf Youtube

Der Gymnasiast
Frankreich 2022, Regie: Christophe Honoré
Salzgeber, 123 Minuten, ab 16
9/10


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