SA 21.02.2009 | Berlin, O2-World
Nein, beim Echo in Berlin hat man es nicht gern, gesehen zu werden. Die Leute dürfen zwar fleißig die CDs und Downloads bezahlen, aber sich dabei begaffen zu lassen, wie sie auf den Roten Teppich vor der O2-World eintreffen, das wollen sie nicht. Rund um besagten Roten Teppich standen mit Planen abgedeckte Zäune, so dass die Menschen kaum noch eine Chance hatten, sich die Promis anzusehen. Gar nicht fein. Und auch gar nicht hauptstadtlike.
Ich hatte zwar die preiswertesten Eintrittskarten (okay, die meisten Leute waren wahrscheinlich über VIP-Karten oder Gewinnspiele kostenlos dabei), aber dafür auch einen perfekten Platz: im Innenraum, direkt neben der Bühne an der Stelle, wo die Promis ihren Echo überreicht bekommen haben.
Der Echo wurde erstmals in der O2-World vergeben und nach langer Zeit wieder von der ARD übertragen. Diese große Masse in der Halle zu begeistern war keine leichte Aufgabe. Der Warm-upper hatte kein leichtes Spiel, Applaus- und Jubelproben funktionierten nicht so, wie er sich das erhofft hatte.
Unterdessen füllte sich der Wartebereich auf dem hinteren Teil der Bühne. Ex-DSDS Juror Bär Lasker winkte schüchtern ins Publikum. Thomas Godoj stand so rum und ARD-Moderator Peter Imhof sprach immer mal wieder in die Kamera vor ihm.
Etwas mehr als drei Millionen Fernsehzuschauer waren dann dabei, als zu Beginn der Show Oliver Pocher und Barbara Schöneberger aus die Bühne stürmten.
Auf dem Promisofa hat inzwischen die Schlagersängerin Vicky Leandros platzgenommen. Ein wenig gelangweilt beobachtet sie die Anfangsmoderation von Pocher und Schöneberger.
Dann beginnt auch schon der Star-Overkill: U2 präsentieren ihren neuen Song. Ebenso Silbermond, Die Toten Hosen, Katy Perry, Amy MacDonald. Als Depeche Mode die Bühne betrat, kochte der Saal – eine der wenigen Male an diesem Abend.
Denn obwohl das Staraufgebot riesig war, irgendwie plätscherte alles vor sich hin. Was will man aber auch erwarten, wenn die „Tatort“-Kommissarin Simone Thomalla stocksteif eine nichtssagende Laudatio hält. Da kann keine Stimmung aufkommen. Selbst bei den MTV-VJs Joko Winterscheidt und Johanna Klum blieb die Masse ruhig. Wenn dann auch noch Bruce Darnell kommt, der minutenlang dösig Helene Fischer anschmachtet, dann ist jede Stimmung im Eimer.
Alex Christensen präsentierte erstmals seinen Song, mit dem er im Mai nach Moskau zum Eurovision Song Contest 2009 fahren wird. Der Titel „Miss Kiss Kiss Bang“ (was sich ja schon mal kaum jemand merken kann), hat es jedoch in Berlin über einen höflichen Applaus hinaus nicht geschafft. Mit dem Langweilersong werden wir in Russland nicht mal einen Blumentopf gewinnen. Oliver Pochers Anmerkung „Germany two points“ war durchaus zutreffend.
Und Vicky Leandros? Die muss gerade dauerlächeln. Eine Kamera ist nämlich gerade auf sie gerichtet, da muss sie interessiert dreinschauen.
Apropos Kamera: Für die Echogewinner kam der Preis selten überraschend. Erstens waren von den Nominierten meist nur der eine anwesend, der auch gewonnen hatte (manchmal noch ein zweiter Nominierter). Zweitens stand natürlich rein zufällig die Kamera genau vor der Person, die auch auf dem Gewinnerzettel stand.
Was die ARD an Kameras vor Ort hatte, war übrigens recht beeindruckend: Über ein weites Seil in mehreren Metern Höhe gespannt, donnerte eine automatische Kamera ständig über uns hinweg. Und einen Knochenjob musste der Mann mit der Steadycam erledigen. Von einer Bühnenseite zur anderen rennen, und wieder zurück. Und das drei Stunden lang.
Aber auch Oli Pocher und Barbara Schöneberger legten sicherlich etliche Kilometer während des Abends zurück.
Nicht ganz klar war, wer an dem Abend live sang und wer playbackte. Lionel Richie jedenfalls benötigte einen Teleprompter, um sein Programm runtersingen zu können. Die Musiker hinter Paul Potts verpassten ihren Einsatz, was allerdings nur im Fernsehen gut zu beobachten war. Auch Potts selbst sang wohl nicht wirklich selbst an diesem Abend. Am beeindrucksten waren wohl die Auftritte der Scorpions, natürlich Depeche Mode und U2 sowie Razorlight.
Nach drei Stunden war alles vorbei, Vicky Leandros hatte auch endlich Feierabend, obwohl nicht ganz klar war, warum sie dermaßen präsent am Anfang des Promisofas saß. Wahrscheinlich, damit die eigentliche ARD-Klientel nicht sofort wegschaltete.
Draußen erwarete die Echo-Besucher das dichte Schneetreiben vom Friedrichshain, und bis zur After-Show-Party waren es durchaus ein paar Schritte. Aber dafür haben ja die Promis ihren Fahrer…
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