In der AGA (1): Der erste Tag

Es ist Dienstag, der 1. September 1998, etwa 16 Uhr, als P. und ich auf dem kleinen Parkplatz vor der Elb-Havel-Kaserne in Havelberg ankommen und zum Eingangstor laufen.
Wir laufen durch den Eingang und betreten das Kasernengelände. Nun sind wir ganz offiziell Angehörige der Bundeswehr. Zehn Monate lang. Und zunächst stehen uns 8 Wochen Grundausbildung, die AGA, bevor.

An der Wache wollen sie unsere Ausweise und Einberufungsbescheide sehen. Als ob irgend jemand freiwillig dieses Gelände betreten würde. Wir fragen, wo das Gebäude der 4. Kompanie ist und folgen dem beschriebenen Weg. Auf einem Schild lesen wir „4./schweres Pionierbataillon 803 Havelberg“. Während unser Block schon restauriert zu sein scheint, sieht der Kasten, der unserem gegenüber steht, ziemlich heruntergekommen aus.

P. und ich betreten unsere neue Wirkungsstätte, wo wir auch leich von zwei Typen in Uniform empfangen werden. Sie schicken uns in einen Raum, wo uns nette Leutchen nette Zettel in die Hand drücken, die wir nett ausfüllen müssen. Der ganze Daten-Scheiß eben. Wer wir sind, wo wir wohnen, wie weit das ist (Was weiß ich? Wer starrt schon ständig auf den Tacho?), ob es eine Zugverbindung gibt usw.
Als das alles erledigt ist, sagt ein Uniformierter: „So, Pionier, Sie gehen jetzt zum Eingang zurück, da bekommen Sie ein paar Sachen und Sie erfahren, in welcher Stube Sie untergebracht
sind!“

Pionier. Das wird also meine neue Identität. Dem muss ich mich wohl fügen.
Das Schicksal meint es allerdings auch hier beim Bund nicht allzu schlecht mit mir: Schon allein, dass ich mit meinem Schulkameraden P. in einer Kaserne untergebracht bin, ist ja schon irgendwie beruhigend. Ich bin im III.Zug, genau wie er. Dort wiederum bin ich in der 2.Gruppe,
auch mit P. Wir sind sogar auf der selben Stube.
Nachdem wir in der Wäschekammer unser Bettzeug geholt und im Mannschaftsspeisesaal Abendbrot gegessen haben, findet in unserer Nachbarstube das erste richtige Zusammentreffen unserer Gruppe, bestehend aus zwölf Leuten, statt. Unser Gruppenführer, Unteroffizier G., zeigt uns, wie wir unser Bett in Zukunft zu machen hätten und erklärt, was diese merkwürdigen Zeichen auf der Schulter der Soldaten bedeuten. Das müssen wir lernen! Am besten gestern. Wenn wir unseren Kompaniechef, Hauptmann J., oder den Kompaniefeldwebel (Spieß), Hauptfeldwebel W., im Haus oder auf dem Gelände begegnen, sollen wir doch bitte grüßen. Was
passiert, wenn wir das mal vergessen sollten, verrät G. nicht. Dafür aber, dass jede Stube zweimal täglich gereinigt werden muss und die jeweiligen Reviere gesäubert werden müssen. Wir vier von unserer Stube dürfen uns mit dem Treppenhaus vergnügen.
Dann sagt uns Unteroffizier G. noch, dass wir morgen früh um fünf geweckt werden, es um 5.45 Uhr Frühstück gibt, um 6.15 Uhr Stuben- und Revierreinigung auf dem Plan steht und immer um 7 Uhr vor dem Kompaniegebäude angetreten wird.
Lassen wir’s auf uns zukommen…


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2 Antworten zu „In der AGA (1): Der erste Tag“

  1. […] Das wurde aber auch mal Zeit: Der Sommer ist da! Und hoffentlich bleibt er auch bis nächstes Wochenende, wenn wir an die Nordsee fahren… Um nach der BMW-Nichtkauf-Enttäuschung doch noch das schöne Feeling zu bekommen, lieh ich mir den Cabrio meiner Eltern und erkundete mit Sabi die Region. Selbst im offenen Auto ist es keineswegs kühl. Im Gegenteil, die Sonne brennt einem auf dem Kopf, ohne Mütze (und Sonnencreme!) geht gar nichts. Und wir haben viel gesehen. Amalienfelde hat so viele Fußgänger, dass man am Ortsausgang Richtung Kremmen eine zweite Mittelinsel bauen muss. Aber vielleicht will man die bösen Autofahrer auch nur zum scharfen Abbremsen zwingen. Erster Zwischenstopp: Zechlinerhütte. In dem kleinen Ort in der Nähe von Rheinsberg haben wir irgendwann Anfang der 80er mal Urlaub gemacht. Da war ich noch klein und kann mich dementsprechend nicht wirklich an Einzelheiten erinnern. An dem dortigen See wurde ein rauschendes Strandfest gefeiert. Das heißt, vielleicht wurde es am Abend rauschend, am Nachmittag war es das noch nicht. So verzichteten wir auch darauf, die vier Euro Eintritt zu zahlen: Die seltsame Schlagertante, die irgendwelche Hits nachsang, war auch von draußen gut genug zu hören. Wir fanden ein schöneres Plätzchen in einer Gaststätte mit Seeterrasse. Unzählige Leute bedienten hier, und wer sich darüber wunderte, musste nur mal in die Speisekarte sehen: alles Azubis. Der Laden wird offenbar von den Azubis geschmissen, und das scheint nicht so teuer zu sein… Zweiter Zwischenstopp: Rheinsberg. Ein wunderschöner Ort mit einem noch wunderschöneren Schlosspark. Die Fassaden des Schlosses sind inzwischen fertigrestauriert. Im Park lässt es sich sehr schön spazieren. Heute wurde eine Art Spukabend im Park vorbereitet, so dass überall irgendwelche Scheinwerfer rumstanden – und ein Bett. Wir haben darauf verzichtet auszuprobieren, was wohl passiert, wenn man sich da einfach mal reinlegt. Dann hatten wir noch zweieinhalb Stunden Zeit, bis der Film im Flatower Autokino begann. Wir nutzten sie für eine Fahrt durch die Region. Ich gebe zu, ich hielt den Weg, den ich im Kopf hatte, für kürzer: Von Rheinsberg aus ging es nach Alt Ruppin. Dort wird gerade die Straße neu gemacht, die Umleitung führt durch dunkle Wälder, in dem einen die Fledermäuse um die Ohren fliegen. Ein wenig gruselig. In Neuruppin bekommt McDonald’s nun auch ein Café, das keiner braucht (ich jedenfalls nicht). Deshalb hat dort nur der Drive-In geöffnet. Weiter ging es über die Autobahn, die B 167 entlang. Die Strecke von Dabergotz bis Bückwitz ist mir nicht ganz unbekannt: Als ich im Herbst 1998 immer zum Bund nach Havelberg musste, führte mich mein Weg von der A 24 aus immer hier entlang. Eine sehr verlassene Gegend, selbst Dabergotz, direkt an der Autobahn gelegen, wirkt wie tod. Hier will ich nicht leben. Heute bogen wir an der B 5 in Bückwitz allerdings nicht nach rechts, Richtung Neustadt, sondern nach links, Richtung Nauen. 43 Kilometer bis Nauen. Uff. ganz schön weit, hätte ich nicht gedacht. Auf dem Weg dorthin fährt man auch durch Friesack. Den Ort kannte ich bisher nur vom Schreiben und Hören, die haben eine eigene Disco. Bald habe ich einen Termin dort, und jetzt weiß ich: Man fährt eine halbe Ewigkeit dorthin. Selbst von Nauen aus, braucht man eine Zeitlang. Später kommt noch Ribbeck, bekannt durch Herrn von Ribbeck zu Ribbeck im Havelland – und den Birnbaum natürlich. Tatsächlich steht an der B 5 in Ribbeck ein Schild “Kirche/Birnbaum”. Jemand, der die Geschichte nicht kennt, wird sich sicher wundern, dass ein Birnbaum ausgeschildert ist. Weiter über Nauen zum Flatower Autokino. Während des Films warteten draußen schon die nächsten Gäste, denn in der Nacht sollte auf dem Gelände noch ein Technoevent steigen. Auch auf dem Sportplatz von Flatow muss ein rauschendes Fest gefeiert worden sein. Die Musik und die Gesänge schallten bis zu uns rüber. Fast hätten wir das Filmfinale verpasst. Über Flatow und Staffelde zog ein seltsames helles Etwas hinweg. Ein heller Stern, der sich relativ schnell von Süden nach Norden bewegte. Es war kein Flugzeug, denn es blinkte nicht. Vielleicht ein Satellit? Und noch eine Premiere: Mein erster Besuch auf dem Autohof in Vehlefanz. Fast hätte ich dort meine Bankkarte eingebüßt, weil das Kassiergerät sie anfangs nicht mehr rausrücken wollte. Seltsamerweise steht auf der Rechnung “Autohof Schwante”, obwohl die Tankstelle zwischen Vehlefanz und Eichstädt liegt. Schwante ist noch ein Ort weiter weg. Aber die müssen ja wissen, was sie schreiben… Inzwischen hatten wir auch die Heizung im Auto angestellt. Herrlich! Im Auto ist es warm, während der kühle Wind über unsere Köpfe weht. So mag ich das. […]

  2. […] ist schon mehr als 15 Jahre her, dass ich mich beim Bund durch die Grundausbildung quälte. Das war 1998. Und wie sieht es 2013 aus? Der NDR wiederholte am […]

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